Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem Handy telefoniert, dann hört der US-amerikanische Geheimdienst mit. Ein Szenario, das bis vor kurzem noch als undenkbar galt. Erst im Sommer habe ich miterlebt, wie Präsident Obama in seiner Rede vor dem Brandenburger Tor in Berlin die Freundschaft mit Angela Merkel betonte. Und jetzt stellt sich heraus: Der Freund hört mit. Ein Tabubruch und ein klarer Vertrauensverlust. Wie gehen wir damit um? Es bleibt unbestritten, dass die USA ein wichtiger Bündnispartner für uns sind und in den letzten Jahren viel für unsere Sicherheit getan haben. Das dürfen wir nicht vergessen. Doch von einem Partner darf man auch Respekt erwarten. Daher ist es nun an den USA, die Vorwürfe gründlich und ehrlich aufzuklären und das Vertrauen wieder herzustellen. Das Weiße Haus hat die politische Dimension der Spähaffäre mittlerweile voll erkannt, das berichteten die Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz nach ihrer USA-Reise am letzten Mittwoch im Bundestag. Präsident Obama lässt derzeit die Arbeit der US-Geheimdienste überprüfen. In diesem Zusammenhang bietet sich auch die Chance, die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA im Bereich der Nachrichtendienste auf eine neue Basis zu stellen. Wir brauchen ein Abkommen, das gegenseitige Spionage ausschließt und klare Regeln festlegt. Daran arbeitet Deutschland auch mit Unterstützung europäischer Partner. Bereits im Juli hat die Bundeskanzlerin einen Acht-Punkte-Katalog für einen besseren internationalen Datenschutz vorgelegt.