Brief aus Berlin 02/2017

In dieser Berliner Sitzungswoche wurde der Jah­reswirtschaftsbericht vorgestellt. Er bestätigt die stabile positive Wirtschaftsentwicklung – trotz ei­nes schwierigen internationalen Umfelds. Die Arbeitslosigkeit befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung, die Be­schäftigung auf einem Höchst­stand. Die Löhne und Gehälter verzeichnen starke Zuwächse. Für das Jahr 2017 erwartet die Bundesregierung ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts von 1,4 Prozent. Diesen Kurs gilt es beizubehalten. Denn ein starker Wirtschaftsstandort und eine starke Wettbewerbsfähigkeit sind die Grundlage für mehr Arbeitsplätze, höhere Einkommen und eine solide Lage der öffentlichen Haushalte auch in Zukunft.

 

Staatsakt für Roman Herzog

Mit einem Staatsakt und Trauergottesdienst haben wir am Dienstag des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog gedacht, der im Januar verstorben ist. Er war ein großer Staatsmann, der uns fehlen wird, nicht zuletzt aufgrund seiner klaren Sprache und seiner unaufgeregten Art. Ein zentrales Anliegen seiner Präsidentschaft war übrigens die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. Er war zu Recht der Auffassung, dass das Erinnern an das Unrecht nicht aufhören darf, damit die Gesellschaft wachsam bleibt und sich den Herausforderungen der Zukunft stellen kann.

Gedenken an Holocaust

Auf Anregung von Roman Herzog wird seit 1996 am 27. Januar – dem Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz – in Deutschland der NS-Opfer gedacht. Im Bundestag haben wir dies am Freitag in einer Gedenkstunde getan. Parlamentspräsident Norbert Lammert mahnte, die schrecklichen Verbrechen nie zu vergessen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“, erinnerte er an Artikel 1 des Grundgesetzes.

Vor 75 Jahren kamen führende Vertreter des Nazi-Regimes zur Wannsee-Konferenz zusammen, um mit unfassbarer Menschenverachtung den millionenfachen Mord an den europäischen Juden zu organisieren. Die Geschichte zeige sehr deutlich, dass die Würde des Menschen leider doch antastbar sei: „Nirgendwo wurde dieser Nachweis gründlicher erbracht als in Deutschland“, erklärte Bundestagspräsident Lammert in seiner Rede. Dass der Thüringer AfD-Chef diese wichtige Erinnerungskultur grade erst in Frage gestellt hat, ist für mich unfassbar.

Plattformbetreiber in die Pflicht nehmen

Die Debatte über den Umgang mit gezielten Falschmeldungen (Fake News), Meinungsrobotern (Social Bots) und Hasskommentaren in den sozialen Netzwerken war in dieser Woche Thema in gleich zwei Fachgesprächen: im Bundestagsausschuss Digitale Agenda sowie im Forschungsausschuss. Die Experten bestätigten die Gefahr, dass diese Phänomene das Potenzial haben, Meinungen und Trends zu beeinflussen und zu manipulieren.

Dagegen müssen wir etwas tun und auch die Betreiber sozialer Plattformen wie Facebook oder Twitter, stärker in die Verantwortung nehmen. Denn bisher ist der Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte viel zu nachlässig. Als Unionsfraktion fordern wir deshalb, hier gesetzliche Regelungen zu schaffen. Damit sollen Mindeststandards wie schnellere Reaktionszeiten nach Beschwerden, transparente Löschregeln und ordentliche Widerspruchsverfahren durchgesetzt werden.

Außerdem wollen wir, dass alle Nutzer, die mit Fake News konfrontiert worden sind, auch über deren Richtigstellung informiert werden. Geprüft werden muss auch, ob identifizierte Social Bots gekennzeichnet werden, damit Nutzer erkennen können, ob sie es im Netz mit einem echten Menschen oder einem Roboter zu tun haben.

Ein entsprechendes Positionspapier haben wir als Unionsfraktion in dieser Woche beschlossen und drängen darauf, dass Bundesjustizminister Maas  unsere Vorschläge aufgreift.

Wahlrecht reformieren

Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen wir einen erneuten Anlauf für eine Reform des Wahlrechts nehmen. Ziel ist es, die Gesamtzahl der Abgeordneten im Bundestag zu deckeln. Persönlich glaube ich, dass eine Begrenzung sinnvoll und notwendig ist, da sonst der nächste Bundestag womöglich über 700 Abgeordnete haben könnte. Ein derart großer Bundestag würde erhebliche Mehrkosten für den Steuerzahler  verursachen und die Arbeit, insbesondere in den Ausschüssen, deutlich erschweren.

Die Idee einer Reform ist es, den Ausgleich der Überhangmandate, den das gegenwärtige Wahlrecht vorsieht, zu begrenzen und zwar grundsätzlich auf die derzeitige Zahl der Sitze im Bundestag, die bei 630 Mandaten liegt. Noch ist genug Zeit für eine Reform, die aber bislang nicht alle Fraktionen mittragen wollen.

Deutschland hat ein personalisiertes Verhältniswahlrecht, das ein großes Gewicht auf die Wahlkreise legt, und kein reines Verhältniswahlrecht. Dieses geltende Wahlrecht sieht vor, dass die 598 Sitze, die der Bundestag grundsätzlich aufweist, zur Hälfte auf die Sieger in den 299 Wahlkreisen entfallen und zur Hälfte auf die Bewerber der Landeslisten der Parteien. Auch wenn Überhangmandate ausgeglichen werden, darf sich dieses Verhältnis von Wahlkreis- und Listenmandaten nicht noch weiter verschieben. Das würde die Grundprinzipien des Wahlrechts verletzen.

Thüringer Karnevalisten in Berlin

Nachdem das Landesprinzenpaar aus Thüringen am Montag beim traditionellen Empfang im Kanzleramt war, hatte ich am Abend die Gelegenheit, Prinz Samu I. und Prinzessin Ricarda I. in der Thüringer Landesvertretung in Berlin zu begrüßen. Allen Karnevalisten wünsche ich eine tolle fünfte Jahreszeit!