Politik ist die Kunst des Kompromisses

Der Wunschkoalitionspartner der Union war die FDP, für die SPD waren es die Grünen. Wunschpartner – nicht weniger, aber auch nicht mehr als das. Jeder in der Politik weiß, dass die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort haben. Nach der Wahl ist es an der Zeit, sich mit der Entscheidung der Menschen auseinanderzusetzen, für die wir Politik machen.

Bei der Bildung eines Regierungsbündnisses geht es nicht darum, einen Partner zu finden, mit dem man gemeinsam vor den Traualtar ziehen möchte. Eine Koalition ist ein Bündnis, das zur Durchsetzung gemeinsamer Ziele geschlossen wird. Gibt es bei Union und Sozialdemokraten dafür eine gemeinsame Basis? Meine Antwort darauf lautet ja. Die intensiven Verhandlungen der letzten Wochen haben es gezeigt. Das Ergebnis ist ein Koalitionsvertrag, der die Handschrift beider Parteien trägt und Deutschland voranbringen wird.

Natürlich konnte weder die Union, noch die SPD alle ihre Ziele zu hundert Prozent durchsetzen. Doch Kompromisslosigkeit bringt uns in der Politik nicht voran. Es geht darum, einen gemeinsamen Nenner zu finden und im Ergebnis für die Bürgerinnen und Bürger das Beste zu erreichen. Viele unserer Beschlüsse werden sich grade für die Menschen in den neuen Ländern positiv auswirken. Dabei denke ich an Vorhaben wie die Mütterrente, die Lebensleistungsrente und die Einführung eines Mindestlohns. Unsere Wirtschaft wird von der Fortsetzung wichtiger Förderprogramme für die neuen Länder profitieren.

Gewundert habe ich mich darüber, dass die SPD noch während der Verhandlungen verkündet hat, künftig auch Bündnisse mit der Linken eingehen zu wollen. Es ist schon fragwürdig, wenn die Union Brücken zu den Sozialdemokraten baut und diese gleichzeitig einen Tunnel zur Linken graben. So beschrieb Mike Mohring treffend die Öffnung der SPD hin zur ehemaligen SED, die ich mich großer Sorge betrachte.

Ab dem 6. Dezember stimmen die Parteimitglieder der SPD darüber ab, ob der Koalitionsvertrag mit der Union abgeschlossen werden soll. Als Jurist sehe ich das skeptisch. Was als großer demokratischer Akt verkauft wird, ist in Wahrheit eine Entwertung der Entscheidung der Wähler bei der Bundestagswahl. Wer zu einer Wahl antritt, erklärt sich bereit, Verantwortung zu übernehmen. Mit dem Votum der Wähler für eine Große Koalition hat die SPD diese Verantwortung erhalten.

Der SPD-Kreisverband Gotha hat schon früh deutlich gemacht, dass er dazu nicht bereit ist. Noch bevor die Koalitionsverhandlungen überhaupt begonnen haben, hat er sich in die Schmollecke zurückgezogen und sich gegen eine Große Koalition ausgesprochen. Hat sich der Kreisverband eigentlich auch mal gefragt, wie viel Positives wir für die Menschen mit diesem Koalitionsvertrag umsetzen können? Offensichtlich nicht. Dieser Frage stand das eigene Ego im Weg. Ich glaube aber, dass dies für die große Mehrheit der SPD-Mitglieder nicht gilt, weil sie die Zukunft Deutschlands in Verantwortung mitgestalten wollen.