Brief aus Berlin – 07/2014

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In dieser Woche ist die Große Koalition seit 100 Tagen im Amt. Der Start verlief nicht immer ganz reibungslos, doch wir haben unseren Rhythmus gefunden. Natürlich enthält ein Koalitionsvertrag für beide Seiten immer auch Kompromisse, die oft eine Herausforderung darstellen. Gleichwohl bildet er eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Regierungszusammenarbeit in den kommenden Jahren. In der zurückliegenden Sitzungswoche haben wir wieder einige gemeinsame Vorhaben auf den Weg gebracht. Über ausgewählte Themen möchte ich Sie im Folgenden gerne informieren.

Schülern Europa nahe bringen

Am deutschlandweiten EU-Projekttag am Montag habe ich Schülerinnen und Schüler der Regelschule Wilhelm Hey aus Ichtershausen im Bundestag empfangen. Eine gute Gelegenheit, um über aktuelle Themen Europas zu sprechen.

Die Europäische Union steht momentan vor großen Herausforderungen, denken wir beispielsweise an die Lage in der Ukraine. Deshalb sollten wir darüber reden, welche Schwierigkeiten es zu meistern gilt, aber auch, wie wertvoll Europa für uns ist. Als stellvertretendes Mitglied des Europaausschusses ist es mir wichtig, jungen Menschen auf diese Weise das Thema Europa nahe zu bringen.

Der EU-Projekttag geht auf eine Initiative der Bundeskanzlerin zurück und fand erstmals 2007 während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft statt. Seitdem treffen sich jedes Jahr Schüler mit Politikern und diskutieren über Europa.

Fördermittel vorzeitig freigegeben

Gute Nachrichten aus dem Haushaltsausschuss des Bundestages: Rund 660 Mio. Euro Fördermittel für Forschung und Entwicklung werden vorzeitig freigegeben. Als Mitglied des Forschungsausschusses begrüße ich diese Entscheidung. Wiederholt hatten sich in den letzten Monaten Betroffene an mich gewandt, die aufgrund der vorläufigen Haushaltsführung im Bund keine Bewilligung für ihr Forschungsvorhaben erhalten konnten.

Allein für das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) kann nun ein Volumen von 350 Mio. Euro verausgabt werden. Das Programm unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung innovativer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Im Landkreis Gotha und im Ilm-Kreis profitierten allein im Jahr 2013 40 Forschungsvorhaben von dem Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums.

Aufgrund der späten Konstituierung der Bundesregierung wird der Haushalt voraussichtlich erst im Juli 2014 in Kraft treten. Bis dahin wäre das ZIM von einem Förderstopp betroffen gewesen. Ohne die Freigabe der Gelder könnten keine neuen Projekte beginnen.

Rentenpaket erstmals beraten

In dieser Woche haben wir im Bundestag in erster Lesung das Rentenpaket der Koalition beraten, über das voraussichtlich Ende Mai abgestimmt werden soll.

Die von der Union seit langem geforderte Mütterrente steht damit kurz vor ihrer Verwirklichung. Sie würdigt die Erziehungsleistung von Müttern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, stärker als bisher.

Teil des Rentenpakets ist auch die Rente mit 63 für Arbeitnehmer, die 45 Jahre lang Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben. Wichtig ist, dass diese neue Regelung nicht zu einer Welle von Frühverrentungen führt. Deshalb muss der Gesetzentwurf in den weiteren Beratungen an dieser Stelle noch verändert werden. Das Ziel „Rente mit 67“ wird mit diesem Gesetzespaket nicht aufgegeben.

Qualifizierte Mitarbeiter sind für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland ein Schlüsselfaktor. Wir sollten auch an die Menschen denken, die gerne freiwillig länger arbeiten würden, denen es aber aktuell durch unsere Gesetze nicht erlaubt ist. Ein guter Lösungsansatz hierfür wäre die Flexibilisierung des Renteneintritts.

Strategie für Digitale Bildung entwickeln

Digitale Medien prägen unseren Alltag mittlerweile in zuvor nie gekannter Weise. Technikkompetenz, aber auch der verantwortungsvolle Umgang mit den digitalen Angeboten gehört heute zur Allgemeinbildung und damit auch an die Schulen. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, gemeinsam mit den Ländern – in deren Verantwortungsbereich die schulische Bildung liegt – eine Strategie für „Digitales Lernen“ zu entwickeln. Ein wichtiges Thema auch für den Ausschuss Digitale Agenda.

Gemeinsam mit meinem Kollegen Sven Volmering aus dem Bildungsausschuss traf ich mich in dieser Woche zu ersten Informationsgesprächen, unter anderem mit dem Verband der Bildungsmedien. Dabei ging es um die Nutzungsmöglichkeiten elektronischer Schulbücher und Lehrmaterialen sowie die Lehrerfortbildung auf diesem Gebiet.

Hinter den Kulissen: Minderheitenrechte

Die Opposition im Bundestag verfügt über sogenannte Minderheitenrechte, mit deren Hilfe sie ihre Kontrollfunktion wahrnehmen kann. Um zum Beispiel einen Untersuchungsausschusses oder eine Enquete-Kommission einsetzen zu können, müssen ein Viertel der Abgeordneten zustimmen – das wären derzeit 158 Parlamentarier. Die Opposition besteht aktuell aber nur aus 127 Abgeordneten, die einer großen Parlamentsmehrheit von CDU/CSU und SPD gegenüber stehen.

Aus diesem Grund haben wir in dieser Woche die Minderheitenrechte gestärkt, denn eine starke Opposition gehört zu einer lebendigen Demokratie dazu. Die Fraktionen der Grünen und der Linken benötigen in der laufenden Legislaturperiode nur 120 Stimmen, um diese Rechte wahrzunehmen.