Brief aus Berlin 11/2017

Die letzte parlamentarische Sitzungswoche dieser Wahlperiode geht zu Ende. Ich bin froh, dass wir auf den letzten Metern noch wichtige Projekte abschließen konnten. Nun gilt es durchzuatmen und Bilanz zu ziehen, bevor es hochmotiviert in den Wahlkampf geht. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und grüße herzlich aus Berlin.

Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft reformiert

Nach jahrelangem Einsatz ist es uns gelungen, eine sogenannte Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht einzuführen. Für mich eine Herzensangelegenheit. Mit dem neuen Gesetz machen wir das Urheberrecht fit für das digitale Zeitalter und stärken Bildung und Forschung. Das kommt insbesondere den Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bibliotheken zugute. Studierende, Lehrkräfte und Bibliotheken haben mit der Reform endlich Rechtssicherheit und erhalten Rückenwind für die Verhandlungen zur weiteren Nutzung digitaler Semesterapparate. Zudem werden die Vorschriften über die erlaubnisfreie Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für Bildung und Wissenschaft vereinfacht und neu geordnet. Gleichzeitig haben wir dafür gesorgt, dass Autoren und Rechteinhaber angemessenen vergütet werden.

Besserer Schutz vor Hass in sozialen Medien

In der Welt des Internets müssen dieselben Rechte gelten wie in der realen Welt. Schon heute sind Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter verpflichtet, Rechtsverletzungen wie Volksverhetzung, Beleidigungen und Verleumdungen im Internet unverzüglich zu löschen, wenn sie davon Kenntnis erlangen. Dieser Verpflichtung kommen die Unternehmen bisher nicht gründlich genug nach.

Deshalb haben wir das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz beschlossen. Damit werden in den sozialen Netzwerken die Persönlichkeitsrechte in Zukunft effektiver geschützt. Gleichzeitig wird die Meinungsfreiheit gewahrt. Netzwerkbetreiber wie Facebook werden zu einem konsequenteren Umgang mit strafbaren Inhalten und Nutzerbeschwerden verpflichtet. Dazu müssen sie ein wirksames Beschwerdemanagement aufbauen und strafbare Inhalte konsequent löschen.

Damit in unklaren Fällen eine Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit ausgeschlossen ist, haben nicht zuletzt wir Digitalpolitiker im Bundestag dafür gesorgt, dass Plattformen nach dem Vorbild des Jugendmedienschutzes unabhängige Entscheidungseinrichtungen einbinden können. Im Sinne einer effektiven Rechteverfolgung müssen die Unternehmen zukünftig zudem einen sogenannten Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen, an den Auskunftsersuchen gerichtet werden können.

Positives Fazit zum Untersuchungsausschuss NSA

Nach drei Jahren Aufklärungsarbeit hat der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages seinen Abschlussbericht an Bundestagspräsident Prof. Norbert Lammert übergeben. Im März 2014 wurde der Untersuchungsausschuss vom Deutschen Bundestag eingesetzt. Seither haben wir 135 Sitzungen abgehalten, 89 Zeugen und 32 Sachverständige angehört und 2.400 Akten bewältigt.

Mein Fazit: Der Vorwurf des massenhaften anlasslosen Abhörens deutscher Staatsbürger hat sich nicht bewahrheitet. Wir mussten aber organisatorische und technische Defizite im Bundesnachrichtendienst feststellen und haben als Konsequenz die parlamentarische Kontrolle deutlich verbessert, ein unabhängiges Kontrollgremium eingerichtet und mit dem neuen BND-Gesetz weitere Reformen beschlossen.

Stromnetzkosten: Faire Lösung erzielt

Die Große Koalition hat eine Einigung zur bundesweiten Angleichung der Stromnetzentgelte erzielt. Am Freitag hat der Bundestag das Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG) verabschiedet. Das Gesetz nimmt zwei Bereiche in den Fokus: die Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte und die vermiedenen Netzentgelte.

Es ist ein Gebot der Fairness, dass die Verbraucher in den verschiedenen Teilen unseres Landes auch die gleichen Übertragungsnetzentgelte zahlen. Dem Drängen der Unionsabgeordneten der ostdeutschen Länder und dem persönlichen Einsatz der Bundeskanzlerin ist es zu verdanken, dass wir dies auf den letzten Metern der Legislaturperiode durchsetzen konnten und das Gesetz am Freitag beschließen. Die Netzentgelte sind Teil des Strompreises und liegen derzeit im Osten höher als im Westen.

Auch bei den vermiedenen Netzentgelten wurde ein Interessenausgleich gefunden. Für bestehende steuerbare Stromerzeugungsanlagen, zum Beispiel im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung und der Wasserkraft, bleibt die geltende Regelung im Wesentlichen erhalten. Damit wird auch weiterhin der netzentlastende Beitrag dieser Anlagen gewürdigt. Für neue und bestehende Wind- und Solaranlagen werden die Zahlungen hingegen eingestellt. Jedoch erfolgt hier ein vollständiger Kostenausgleich über das EEG.

Das Netzentgeltmodernisierungsgesetz soll 2018 in Kraft treten. Die Angleichung der Übertragungsnetzentgelte soll in mehreren Schritten ab 2019 erfolgen, so dass ab Anfang 2023 ein einheitliches Niveau in ganz Deutschland besteht.

Abstimmung über Ehe für alle

SPD, Linke und Grüne haben in dieser Woche kurzfristig eine Abstimmung im Bundestag über die „Ehe für alle“ erzwungen. Für mich ist die Ehe ein kulturell und religiös geprägter Begriff, der die Verbindung von Mann und Frau meint, aus der auch Kinder hervorgehen können. Als solche ist sie durch Artikel 6 des Grundgesetzes geschützt. Daher habe ich bei der Abstimmung gegen eine „Ehe für alle“ gestimmt.

Zugleich respektiere ich es, wenn Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften glücklich sind und füreinander einstehen. Deshalb haben wir auch in den letzten Jahren die eingetragenen Lebenspartnerschaften der Ehe in vielen rechtlichen Belangen gleichgestellt sowie eine steuerliche Gleichbehandlung festgelegt.