Eine Quote ist nicht alles

Noch immer sind Frauen in den Führungspositionen von Wirtschaft, Politik und Kultur unterrepräsentiert. Das soll sich jetzt endlich ändern, aber der Weg dahin ist umstritten. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen forderte kürzlich eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent für Unternehmen, Bundesfamilienministerin Kristina Schröder will Firmen per Gesetz zu einer flexiblen Selbstverpflichtung bringen und erhält dafür deutlich mehr Zustimmung.

Fest steht: Mädchen und Frauen haben die Nase weit vorne, solange es um die schulische und universitäre Ausbildung geht, haben sie doch im Schnitt die besseren Schul- und Universitätsabschlüsse. Insgesamt sind 51 Prozent der Hochschulabsolventen weiblich, in den Wirtschaftsstudiengängen sind es sogar 60 Prozent. Doch in den deutschen Führungsetagen kommen diese hochqualifizierten und motivierten Absolventinnen nicht an, wie zahlreiche Studien belegen. In den 200 größten deutschen Unternehmen sind nur 3,2 Prozent der Vorstandsposten von Frauen besetzt. Damit gehört Deutschland im internationalen Vergleich zu den Schlusslichtern bei der Frauenpräsenz und rangiert auf Augenhöhe mit Indien.

Lange Zeit war auch die Politik ausschließlich männlich dominiert, doch hier hat inzwischen langsam eine Trendwende eingesetzt. Mit Christine Lieberknecht steht an Thüringens Spitze eine Frau, zwei weitere Frauen sind in ihrem Kabinett vertreten, was rechnerisch immerhin 30 Prozent ausmacht. Auch im Bundeskabinett sind sechs der 16 Ämtern von Frauen bekleidet, womit die christlich-liberale Bundesregierung zu einem Vorreiter der Gleichberechtigung geworden ist.

Natürlich kann eine Quote allein die Probleme nicht lösen. Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist notwendige Voraussetzung dafür, dass mehr Frauen den Sprung in die Führungsebene wagen. Dabei ist einerseits die Politik gefordert, indem sie beispielsweise für bessere Betreuungsangebote in Kindergarten und Schule sorgt, aber auch durch arbeitsrechtliche Regelungen mehr Planbarkeit garantiert. Andererseits muss sich in deutschen Unternehmen einiges ändern – weg von der Präsenzkultur am Arbeitsplatz, hin zu flexiblen Modellen mit Heimarbeit und Teilzeit. Eine Quote kann dabei helfen, den notwendigen Mentalitätswandel zu beschleunigen, und gewissermaßen als Katalysator dienen – solange, bis der Frauenanteil in verantwortlicher Position nicht mehr verschwindend gering ist.

Andere europäische Länder wie Frankreich oder Norwegen haben gute Erfahrungen mit einer Frauenquote gemacht. Dort wird belegt, was moderne Unternehmer längst wissen: Gemischte Führungsetagen sind nicht nur gut für das Betriebsklima, sondern auch für den Erfolg des Unternehmens. Dennoch haben die Selbstverpflichtungserklärungen der Wirtschaft in den letzten zehn Jahren in Deutschland zu keiner Veränderung der Frauenpräsenz geführt, weshalb in meinen Augen ein Eingreifen der Politik notwendig ist.

Dass Frauen bessere Aufstiegschancen bekommen, ist nicht nur aus demokratischer Sicht absolut wünschenswert, sondern auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive unerlässlich. Wir steuern auf einen großen Fachkräftemangel zu, weshalb wir es uns gar nicht leisten können, die hervorragenden Kapazitäten von Frauen einfach versickern zu lassen.