05 Okt Aufbau Ost im Fokus
Mit Joachim Gauck und Angela Merkel stehen zwei Persönlichkeiten an der politischen Spitze unseres Landes, die in den Neuen Ländern aufgewachsen sind und sowohl die DDR-Diktatur als auch die Wiedervereinigung selbst miterlebt haben. Trotzdem kam mit dem kürzlich angekündigten Rückzug Wolfgang Thierses aus der Politik die Diskussion auf, ob ostdeutsche Interessen in der Berliner Politik noch eine ausreichend große Rolle spielen.Als Abgeordneter bin ich gewählt worden, um die Interessen der Menschen aus dem Landkreis Gotha und aus dem Ilm-Kreis in Berlin zu vertreten. Insofern verstehe ich mich selbstverständlich auch als „Lobbyist“ meiner Thüringer Heimat. Das unterscheidet den Thüringer Abgeordneten aber nicht von dem Hessischen oder dem Bayerischen. Da Thüringen ein recht kleines Bundesland ist, ist es sinnvoll, sich für bestimmte Positionen Verbündete zu suchen, gerade wenn es um Themen geht, die die Neuen Länder im Besonderen betreffen. Für die Abstimmungen im Bundesrat würde ich mir insgesamt aber wünschen, dass alle Bundesländer bei wichtigen Entscheidungen stärker gesamtdeutsch denken und sich ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung bewusst werden. Es ist nicht von Vorteil, wenn immer wieder sinnvolle Gesetzesvorhaben aus taktischen Gründen blockiert werden.
Der jüngste Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit hat gezeigt, dass das Zusammenwachsen von Ost und West in vielen Bereichen gut verläuft, dass es aber auch 22 Jahre nach der Wiedervereinigung noch Unterschiede in den Lebensverhältnissen gibt. Daher ist es wichtig und richtig, auch in den nächsten Jahren die Neuen Länder noch gezielt zu fördern, um diese Rückstände anzugleichen. Langfristig, so finde ich, muss diese nur auf die ostdeutschen Länder ausgerichtete Förderung umgebaut werden zu einer gesamtdeutschen Förderung für strukturschwache Regionen.
Für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung Thüringens ist es weiter von zentraler Bedeutung, in Bildung, Forschung und Innovation zu investieren. Deshalb setze ich mich seit Beginn der Legislatur dafür ein, dass zielgerichtete Förderprogramme fortgesetzt werden, die die Besonderheiten der ostdeutschen Innovationslandschaft berücksichtigen. Das Förderkonzept der Bundesregierung setzt genau da an, wo aufgrund der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur noch Nachteile bestehen. Gerade in Thüringen konnten Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen von diesen Förderprogrammen des Bundes überdurchschnittlich stark profitieren.
Die Interessen der Neuen Länder werden im Berliner Politikbetrieb solange eine hervorgehobene Rolle spielen, bis die aus der Teilung resultierenden unterschiedlichen Lebensverhältnisse angeglichen sind. Für mich als jungen Thüringer Abgeordneten spielen Herkunft und Heimatverbundenheit selbstverständlich eine Rolle. Genauso selbstverständlich empfinde ich aber auch eine gesamtstaatliche Verantwortung, die wir Deutschen auch in Europa tragen.