Brief aus Berlin – 15/2012

Mein neuer Brief aus Berlin ist da! Darin erfahren Sie mehr über die Themen, die aus meiner Sicht in dieser Berliner Sitzungswoche besonders interessant waren:

  1. Mehr Freiheit für Wissenschaftsorganisationen
  2. Mehr Kooperation von Bund und Ländern
  3. 40 Jahre Städtebauförderung
  4. NSU: Ohne Transparenz keine Aufklärung
  5. Hinter den Kulissen: Was machen Obleute?

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1. Mehr Freiheit für Wissenschaftsorganisationen

Am Donnerstag hat der Bundestag das Wissenschaftsfreiheitsgesetz verabschiedet und damit den Grundstein für bessere Rahmenbedingungen für die deutschen Wissenschaftsorganisationen gelegt. Sie erhalten in den vier Kernbereichen Haushalt, Personal, Ausgründungen und Bauverfahren mehr Flexibilität und Eigenverantwortung. Als zuständiger Berichterstatter bin ich überzeugt: Das Wissenschaftsfreiheitsgesetz ist ein Meilenstein in der Wissenschaftspolitik. Damit leistet die Politik ihren Beitrag dazu, dass unsere Forschungsorganisationen international konkurrenzfähig bleiben, auch im Wettbewerb um Spitzenpersonal. Wir bauen bürokratische Hürden ab, ermöglichen mehr Planungssicherheit und schaffen den Boden für Kreativität und Innovationen. Davon werden auch die in Thüringen ansässigen Forschungsorganisationen erheblich profitieren. Experten begrüßen das Gesetz einhellig und loben eine neue Qualität der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik.

2. Mehr Kooperation von Bund und Ländern

Im Bundestag wurde in dieser Woche erstmals die Änderung von Artikel 91b des Grundgesetztes beraten. Was sich dahinter verbirgt: Für Hochschulbau und Bildungsplanung sind bisher die Länder weitgehend alleine zuständig, so sieht es das sogenannte Kooperationsverbot vor (Artikel 91b Grundgesetz). Der Bund darf demnach nur zeitlich befristete Projekte an Hochschulen finanzieren. Jetzt hat die Bundesregierung die Weichen für mehr Kooperation von Bund und Ländern in der Wissenschaft gestellt. Der von Bundesministerin Schavan vorgelegte Entwurf sieht vor, dass der Bund außer zeitlich befristeten Projekten in Zukunft auch dauerhaft Universitäten fördern darf.

Auch die Thüringer Hochschulen würden von einem stärkeren Engagement des Bundes profitieren. Die Versäulung zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird aufgebrochen. Anders als bei Universitäten darf der Bund bereits heute außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Institute in Jena oder die Fraunhofer-Institute in Ilmenau auch dauerhaft fördern. Wenn das nun auch für Universitäten möglich wird, können Universitäten und außeruniversitäre Institute viel enger als bisher zusammenarbeiten und sich stärker verzahnen. Davon profitieren vor allem die Universitäten und ihre Studierenden, aber letztlich der gesamte Wissenschaftsstandort Thüringen.

3. 40 Jahre Städtebauförderung

In diesem Jahr blicken wir auf 40 Jahre Städtebauförderung durch den Bund zurück. Mein Thüringer Kollege Volkmar Vogel hat im Plenum deutlich gemacht: Das berühmte Dach über dem Kopf und unsere lebenswerten Städte sind eine große soziale Errungenschaft. Private und kommunale Unternehmen sorgen vor Ort im Rahmen der Wohnungswirtschaft dafür, dass unsere Städte im Großen und Ganzen in einem sehr guten Zustand sind. Auch die Kommunen, die Länder und der Bund leisten ihren Beitrag. Im Bund setzen wir uns dafür ein, dass Investitionen in soziale Infrastruktur und lebenswerte Wohnungen fortgeführt werden.

Auch im Bereich der Städtebauförderung müssen wir uns zwei großen Herausforderungen unserer Zeit stellen: Der Energiewende und dem demografischen Wandel. Wir setzen uns dafür ein, dass entsprechende Maßnahmen im Bereich des Stadtumbaus und im Gebäudebereich auf den Weg gebracht werden. Die Städtebauförderung ist sinnvoll und soll auch in Zukunft entsprechend den Bedürfnissen der Menschen fortgeführt werden.

4. NSU: Ohne Transparenz keine Aufklärung

Der Untersuchungsausschuss NSU des Bundestages hat sich in dieser Woche hinter den Thüringer Innenminister Jörg Geibert gestellt. Geibert war von den anderen Landesinnenministern und Verfassungsschützern kritisiert worden, nachdem er ungeschwärzte Akten an Bundestages geliefert hatte. Meiner Ansicht nach hat unser Thüringer Innenminister sehr transparent gehandelt hat. Außerdem unterliegen die Akten hier dem höchsten Schutzniveau: Sie sind als geheim eingestuft und nur wir Ausschussmitglieder dürfen sie in der an die Geheimschutzstelle des Bundestages einsehen.

Wir werden nun den ehemaligen Bundesrichter Gerhard Schäfer damit beauftragen, die Akten vorab für uns zu sichten. Außerdem haben die Obleute des Bundestagsuntersuchungsausschusses sich am Donnerstag darauf verständigt, den Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier, aufzufordern, Thüringen im Geheimschutz-Verbund unverzüglich wieder umfassend in alle Informationen einzubinden. Thüringen hatte als Reaktion von den Behörden anderer Bundesländer teilweise nur noch geschwärzte Informationen bekommen.

Wir haben den Angehörigen der Opfer der Terrorgruppe NSU eine lückenlose Aufklärung versprochen. Ich bin der Meinung, nur mit Transparenz kann Vertrauen zurückgewonnen werden.

5. Hinter den Kulissen: Was machen Obleute?

Als Obleute werden die Abgeordneten bezeichnet, die in den einzelnen Ausschüssen Hauptansprechpartner ihrer jeweiligen Fraktionsführung sind. In jedem Ausschuss gibt es pro Fraktion einen Obmann oder eine Obfrau. Bei den Ausschussberatungen bestimmen sie den Kurs der Fraktion entscheidend mit, formulieren deren Interessen und bringen gegebenenfalls festgefahrene Vorhaben wieder in Gang. Sie stimmen gemeinsam die Tagesordnungen ab und planen die Beratungen.

Für die Fraktionen sind die Obleute Mittler der Ausschussarbeit, weil sie einen guten Überblick über den Stand der Detailarbeit in ihrem Ausschuss haben. Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Untersuchungsausschuss NSU ist beispielsweise mein Kollege Clemens Binninger.