Brief aus Berlin – 17/2012

Die Beratungen des Koalitionsausschusses haben die politische Woche in Berlin eingeläutet. Auch im Bundestag standen wichtige Themen auf der Tagesordnung, über die ich Sie in meinem aktuellen Brief aus Berlin informieren möchte:

  1. Koalitionsausschuss stellt Weichen für 2013
  2. Entlastung für Kommunen beschlossen
  3. Bologna-Konferenz des RCDS
  4. Jahrestag der Aufdeckung der Terrorgruppe NSU
  5. Historisches Datum: 9. November

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1. Koalitionsausschuss stellt Weichen für 2013

Mit wichtigen Entscheidungen hat die christlich-liberale Koalition die Weichen für das letzte Jahr vor der Bundestagswahl 2013 gestellt. 750 Millionen Euro werden zusätzlich für Straßen, Bahn und Wasserwege bereitgestellt. Die Mittel, mit denen der Verkehrsetat aufgestockt wird, sollen vorrangig in Neubauprojekte fließen. Wir Thüringer Abgeordneten werden uns darum bemühen, dass auch das Projekt „B 90 neu“ davon profitiert.

Außerdem wurde die Abschaffung der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013 beschlossen, die aufgrund der hohen Rücklage in der Krankenversicherung vertretbar ist. Damit entlasten wir Patienten und reduzieren für Ärzte und Krankenkassen die Belastung mit Bürokratie erheblich. Die Gesetzlichen Krankenkassen erhalten für den Wegfall der Praxisgebühr dauerhaft einen Ausgleich aus dem Gesundheitsfonds.

Bezüglich einer Zuschussrente entschied die Koalition, dass Menschen, die mindestens 40 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben und zusätzlich privat vorgesorgt haben, einen Anspruch auf eine Zuschussrente erhalten sollen. Der Beschluss ist eine Diskussionsgrundlage, bedarf aber noch einiger Anpassungen. Für uns ostdeutsche Abgeordnete sind die harten Zugangsvoraussetzungen für diese Leistung so nicht tragbar.

Am Freitag verabschiedete der Bundestag die Einführung eines Betreuungsgeldes. Familien sollen die freie Wahl haben, ob sie ihre Kinder im Alter von ein oder zwei Jahren zu Hause oder in einer öffentlich geförderten Krippe betreuen lassen wollen. Der Bund fördert zum einen den Ausbau von Krippenplätzen, zum anderen unterstützt er Eltern, die eine private Betreuung organisieren. Sie erhalten ab dem 1. August 2013 monatlich 100 Euro. Mit dem Landeserziehungsgeld in Thüringen haben wir bereits gute Erfahrungen gemacht. Dadurch, dass sich der Bund nun hier engagiert, wird der Freistaat um 30 Millionen Euro entlastet.

2. Entlastung für Kommunen beschlossen

2011 hat die Bundesregierung zugesagt, die Kommunen stärker zu entlasten. Wir halten Wort: Am Donnerstag hat der Bundestag das „Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“ verabschiedet, das die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt. Damit beschließt der Bund die größte finanzielle Entlastung der Kommunen in der Geschichte der Bundesrepublik.

Im nächsten Jahr erhöht sich der Bundesteil von 45 auf 74 Prozent der Nettoausgaben und ab 2014 wird der Bund die vollen Kosten für die Grundsicherung übernehmen. Allein im Zeitraum 2012 bis 2016 entlastet der Bund die Kommunen damit voraussichtlich um rund 20 Milliarden Euro. Das ist eine gute Nachricht auch für den Ilm-Kreis und den Landkreis Gotha!

3. Bologna-Konferenz des RCDS

In dieser Woche war ich Podiumsgast bei der Bologna-Konferenz des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) an der Humboldt-Universität Berlin. Thema war Mobilität im Rahmen des Bologna Prozesses. Meine Meinung: Dank der Einführung von Bachelor- und Masterabschlüssen herrscht mittlerweile ein hohes Maß an internationaler Mobilität. Hochschulen in ganz Europa haben untereinander Kooperationsabkommen geschlossen. Ein großer Erfolg ist das Erasmus-Programm der Europäischen Kommission. Wir nähern uns immer mehr einem der wichtigsten Ziele der Bologna-Reform, dem Zusammenwachsen des europäischen Hochschulraums.

Der Übergang vom Bachelor zum Master funktioniert schon recht gut. Masterstudienplätze sollen nach meiner Auffassung diejenigen Bachelorabsolventen erhalten, die sich durch gute Leistungen qualifiziert haben. Wird dies eingehalten, so stehen in Deutschland ausreichend Masterstudienplätze zur Verfügung. Dabei ist es wichtig, dass die Hochschulen bei der Verteilung der Masterstudienplätze auf unterschiedliche Fächerkulturen Rücksicht nehmen. Ist in einem Fach der Master der Regelabschluss, sollten hier auch mehr Masterplätze bereit gestellt werden.

4. Jahrestag der Aufdeckung der Terrorgruppe NSU

Am 4. November 2012 hat sich die Aufdeckung der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gejährt. Aus diesem Anlass fand am Donnerstag eine Aktuelle Stunde im Bundestag statt. Zehn schreckliche Morde gehen auf das Konto der Rechtsterroristen und der Schock sitzt immer noch tief. Mehrere Gremien auf Bundes- und Landesebene arbeiten derzeit daran, die Gründe für die Fehleinschätzungen der Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen aufzuarbeiten. So auch der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der am Donnerstag die Rolle des Militärischen Abschirmdienstes unter die Lupe nahm.

Bundesinnenminister Friedrich hat in der Aktuellen Stunde deutlich gemacht, dass wir alles daran setzen, aufzuklären, warum das Terrortrio so lange unentdeckt blieb. Den Angehörigen sind wir eine lückenlose Aufklärung schuldig. Klar ist schon heute, dass die deutsche Sicherheitsarchitektur einer Reform unterzogen werden muss. Erste Maßnahmen für einen besseren Informationsaustausch zwischen den Behörden wurden bereits ergriffen, so wurde zum Beispiel eine Gemeinsames Abwehrzentrum gegen Rechts gegründet und eine gemeinsame Rechtsextremismusdatei geschaffen. Außerdem investieren wir in Präventionsprogramme, damit rechtsextremistisches Gedankengut sich nicht verbreiten kann.

5. Historisches Datum: 9. November

Als Bundestagspräsident Norbert Lammert heute die Plenarsitzung eröffnete, bezeichnete er den 9. November als den „prominentesten Tag der deutschen Geschichte“.
Es war der 9. November, als Philipp Scheidemann vor 94 Jahren von einem Fenster des Reichstagsgebäudes die erste „deutsche Republik“ ausrief.
Heute gedenken wir auch der Reichsprogromnacht vor 74 Jahren, als in ganz Deutschland Synagogen zerstört, Friedhöfe geschändet und jüdische Geschäfte verwüstet wurden.
Ein historischer Tag in der Geschichte unseres vereinten Deutschlands war der 9. November 1989: Nach 28 Jahren fiel endlich die Mauer. Damit ging die mehr als 40 Jahre dauernde Teilung Deutschlands und die Spaltung des Kontinents zu Ende.