Nachhaltigkeit hat in Ilmenau Tradition

Seit Oktober gibt es in Ilmenau eine neue Ausstellung: „Der Kickelhahn – Goethes Wald im Wandel“. Im Jagdhaus Gabelbach haben Wanderer und Besucher von nun an die Möglichkeit, sich ein Bild vom Wandel des Waldes rund um den Kickelhahn in den letzten 250 Jahren zu machen und sich über das wachsende Bewusstsein für seine nachhaltige Nutzung zu informieren. Diese Ausstellung deckt eine Nische ab, die bis dato in Thüringen museal noch nicht erkannt war und thematisch mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit aktueller nicht sein kann.

Johann Wolfgang von Goethe, häufiger Gast im Jagdhaus Gabelbach, hat die Bedeutung des Waldes als Ort der Erholung, als Lebensraum und als unverzichtbare Ressource für den Menschen früh erkannt. Er hat, wie wir alle wissen, nicht nur große literarische Werke geschaffen, sondern sich außerdem intensiv mit den Naturwissenschaften auseinandergesetzt und sich mit Begeisterung auch der Forstwirtschaft gewidmet. „Wie unser Forstwesen zuerst eingerichtet worden und wie es erhalten wird, verdient von einem jeden gekannt zu werden!“ –diese Worte stammen vom Dichterfürsten selbst. Die neue Ausstellung in Ilmenau leistet ihren Beitrag dazu.

Ich hoffe, dass viele Besucher ins Jagdhaus Gabelbach kommen werden, um die Ausstellung zu bewundern, die vom GoetheStadtMuseum Ilmenau, dem Forstamt Ilmenau und dem Fachbereich Forstwirtschaft der Fachhochschule Erfurt mit viel Herzblut auf die auf die Beine gestellt wurde. Als Bildungspolitiker freue ich mich besonders, dass auch eigens waldpädagogische Angebote für Schulklassen und Kinder geschaffen wurden, um auf diese Weise schon die Jüngsten für den Wert und den Schutz des Waldes zu sensibilisieren.

Auch Herzogin Anna Amalia hat sich nach der starken Beanspruchung des Waldes im 18. Jahrhundert für dessen nachhaltige Bewirtschaftung eingesetzt hat. Grundlegend konnte sich das Gesicht des Waldes aber erst mit der Einführung der Steinkohle als Energieträger ändern. Bewaldete Zonen nahmen zu. Energiedebatten wie wir sie heute führen, gab es also auch schon in früheren Zeiten, wenn auch mit anderen Schwerpunkten.

Politisch betrachtet ist diese Ausstellung auf der Höhe der Zeit. Das Thema Nachhaltigkeit wurde faktisch hier am Fuße des Kickelhahns durch den Ilmenauer Wildmeister Carl Christoph Oettelt geboren. Er entwickelte erstmals mathematische Berechnungen für den Forst, die von dem Jahr 1765 bis in das Jahr 2025 hineinreichen. Oettelt entwickelte somit die naturwissenschaftliche Basis für das Prinzip der Nachhaltigkeit.

Heute verstehen wir Nachhaltigkeit nicht mehr nur im naturwissenschaftlichen Sinne, sondern sie tangiert alle Bereiche unseres Lebens. Alois Glück, der ehemalige Bayerische Landtagspräsident und Vordenker zum Thema Nachhaltigkeit, bezeichnete das Prinzip der Nachhaltigkeit als den zentralen Kompass, wenn wir einen guten Weg in die Zukunft gestalten wollen. Sein Begriff Nachhaltigkeit wird dabei von zwei Direktiven bestimmt, nämlich „längerfristig“ und „ganzheitlich“.

Diese beiden Konstanten beschäftigen uns bei jeder politischen Fragestellung, allen voran im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung des Deutschen Bundestages, in dem ich Mitglied bin. Nicht nur Deutschland, sondern auch die Europäische Union hat eine Nachhaltigkeitsstrategie. Diese Strategien gehen weit über die Strategie Europa 2020 hinaus und umfassen vielfältige Themenfelder unserer Gesellschaft. Wenn Nachhaltigkeit als politische, gesellschaftliche und ökonomische Querschnittsaufgabe begriffen wird, kann sie zum Motor für Innovationen werden. Technologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Fortschritt muss sich an diesem Prinzip messen lassen.
Wir sehen also, wie sich seit Oettelt und seinen Betrachtungen auf den Forst der Gedanke der Nachhaltigkeit tief in unser gesellschaftliches Bewusstsein verwurzelt hat. In Ilmenau, so kann man wohl sagen, hat das Thema Nachhaltigkeit Tradition.