Brief aus Berlin 6/2016

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Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wird es ein Integrationsgesetz geben. Darauf einigten sich die Koalitionsspitzen in dieser Woche. Ziel ist es, Flüchtlinge gemäß dem Prinzip des „Förderns und Forderns“ zu integrieren. Dazu zählen Sprachkurse und Hilfsangebote zur Berufsausbildung auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Kürzung von Leistungen wenn Integrationsmaßnahmen verweigert werden. Über welche Themen wir darüber hinaus im Bundestag diskutiert haben, berichte ich Ihnen im Folgenden.

 

Aufarbeitung der SED-Diktatur bleibt wichtig

Vor zwei Jahren hat der Deutsche Bundestag eine „Expertenkommission zur Zukunft der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU)“ eingesetzt. Nun hat sie ihren Abschlussbericht in Berlin vorgestellt, auf dessen Grundlage der Deutsche Bundestag eine Entscheidung über die Zukunft der Aufarbeitung der DDR-Geschichte treffen wird. Diese bleibt eine fortdauernde gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Nutzung der Akten durch Bürger, Forschung, Bildung, Medien und öffentliche Stellen muss weiterhin sichergestellt sein. Grundsätzlich begrüße ich die Vorschläge der Expertenkommission, beispielsweise die Stasi-Unterlagen künftig in das Bundesarchiv zu integrieren.

Kritisch sehe ich jedoch den Vorschlag, die Gedenkstätten Hohenschönhausen und Normannenstraße/Magdalenenstraße unter dem Dach einer neu zu gründenden Stiftung zusammenzuführen. Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen auf dem Gelände der früheren Untersuchungshaftanstalt der Stasi ist einer der bedeutendsten Orte der Aufklärung über das SED-Unrecht. Diese wichtige Gedenkstätte, die das Leiden der Opfer würdigt, nun der früheren Stasi-Zentrale anzugliedern, halte ich nicht für sinnvoll.

Flüchtlingszahlen rückläufig

Derzeit kommen weniger Flüchtlinge nach Deutschland. Neben der Schließung der Balkanroute zeigen auch die von der Bundesregierung ergriffenen gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen ihre Wirkung. Im letzten Quartal des Jahres 2015 wurden noch knapp eine halbe Million Asylsuchender registriert, im ersten Quartal dieses Jahres nur noch 170.000. Das entspricht 66 Prozent weniger.

Weitere Schritte sind geplant. So wollen wir die drei Nordafrikastaaten Algerien, Marokko, und Tunesien zügig als sichere Herkunftsstaaten einstufen. Der Bundestag hat das Vorhaben jetzt in erster Lesung beraten. Bedenken kommen allerdings noch von rot-grüner Seite aus dem Bundesrat. Die Union hat mit der Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten auf die drei Nordafrikastaaten auch im Blick, dass sich die Flüchtlingswege von der nunmehr geschlossenen Balkan-Route auf das westliche Mittelmeer zurückverlagern könnten.

Auf Drängen der Unionsfraktion wurden 2014 zunächst die Westbalkanstaaten Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Im Herbst 2015 folgten Albanien, Montenegro und das Kosovo. Seit sie kaum noch Aussicht auf einen Schutzstatus in Deutschland haben, kommen nur noch vereinzelt Asylbewerber aus diesen Ländern.

Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen

In dieser Woche haben wir ein Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. Ziel ist es, mit der Einführung der neuen Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen nicht nur einen verbindlichen Rechtsrahmen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen, sondern vor allem das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten, Ärzten und allen in den Heilberufen Tätigen zu schützen. Korruptes Verhalten ist umfassend und unmissverständlich unter Strafe zu stellen. Dabei geht es uns darum, dass heilberufliche Verordnungs-, Bezugs- und Zuführungsentscheidungen frei von unzulässiger Einflussnahme getroffen werden sollen.

Wettbewerb bei Online-Plattformen

Durch die Digitalisierung haben Unternehmen die Möglichkeit, sich auch im globalen Wettbewerb zu behaupten. Für Händler erhöhen sich dadurch die Absatzmöglichkeiten, für Kunden ergeben sich bessere Vergleichsmöglichkeiten bei Kaufentscheidungen. Problematisch wird es dann, wenn es in einem Markt zu einer Beschränkung auf nur noch eine Plattform kommt.
Um einen funktionierenden Wettbewerb im Bereich der Internet-Plattformen sicherzustellen, reichen die vorhandenen Instrumente des Wettbewerbs- und Kartellrechts grundsätzlich aus. Diese Einschätzung teilten die zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses Digitale Agenda geladenen Sachverständigen am Mittwoch. Nachbesserungsbedarf sahen sie unter anderem im Bereich der Marktabgrenzung. Es müsse klar festgeschrieben werden, dass auch dann ein Markt vorliegt, wenn Leistungen unentgeltlich erbracht werden und Daten als Zahlungsmittel fungieren, wie es zum Beispiel bei Facebook der Fall ist. Als Experten geladen waren unter anderem Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes und Dr. Michael Menz vom Online-Mode-Händler Zalando.

AJC-Programm: Amerikanisch-Deutscher Abend

Das American-Jewish-Committee, kurz AJC, ist eine jüdische Organisation, die sich bereits seit über einem Jahrhundert für ein gegenseitiges Verständnis von Nationen, Religionen und ethnischen Gruppen einsetzt. Seit den 80er Jahren organisiert das AJC gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Austauschprogramme zur Förderung der deutsch-israelischen Beziehungen. Vor einigen Jahren habe ich selbst die Möglichkeit bekommen, an diesem Programm teilzunehmen und in die USA zu reisen. In dieser Woche durfte ich nun Gastgeber sein und zwei amerikanische Teilnehmer des Programms bei mir zu Hause zum Essen empfangen. Ein toller Abend mit interessanten Gesprächen, bei dem ich einmal mehr viel über andere Kulturen und Traditionen gelernt habe.