12 Jul Als Stipendiatin in Berlin
Seit März werde ich in meinem Berliner Büro von einer jungen albanischen Studentin unterstützt. Blerta Lazebeu arbeitet im Rahmen des Internationalen Parlaments-Stipendiums des Deutschen Bundestags als Praktikantin bei uns mit. Langsam neigt sich ihr Aufenthalt dem Ende. Folgend berichtet sie von ihren Erfahrungen.
„Nun sind die fünf Monate, die ich im Deutschen Bundestag verbracht habe, fast vorbei und wenn ich zurückblicke, scheint es so, als ob es viel länger gewesen wäre. Es war März und kalt als ich in das Büro Schipanski eintrat, ich wurde aber mit Freundlichkeit, Offenheit und Interesse aufgenommen. Und jetzt, wenn ich aus meinem Bürofenster durch das Brandenburger Tor schaue, scheint die Sonne. Ich glaube, ich habe während dieser fünf Monate viel mehr gelernt, als ich durch ein Studium der Politikwissenschaft gelernt hätte. Hier ist man so nah und kann alles von einer anderen Perspektive betrachten. Was heißt eigentlich Parlamentarismus? Womit fängt es an? Wie werden die Entscheidungen getroffen? Was für eine Rolle spielt die Basis? Das und viel mehr habe ich hier betrachten können und habe natürlich auch Vergleiche zu meinem Land, Albanien, gezogen. Selbstverständlich läuft nicht alles perfekt und es gab auch Fälle bei denen ich mir gedacht habe: ‚Politiker sind überall gleich.‘ Den Unterschied in Deutschland macht aber das System und die Strukturen, die den Prozess der Demokratie erleichtern.
Die Intensität des Lebens eines Abgeordneten war für mich auch total neu. Ich hätte es mir nie so anstrengend vorgestellt zwischen Bundestag und Wahlkreis. Ich finde es aber sehr wichtig, dass man die Zeit so teilt, dass man sich zuerst mit der Basis, den Bürgern beschäftigt und dann deren Interessen im Bund repräsentiert.
Was mich noch beeindruckt hat, ist die Verantwortung, mit der die Mitarbeiter ihre Tätigkeiten erledigen. Das habe ich hier gelernt: Wenn du etwas zu tun hast, dann kannst du auch bis spät abends bleiben, bis du es geschafft hast und das nicht weil dich jemand auffordert, sondern weil es deine Arbeit ist und das möchtest du so gut wie möglich präsentieren. Allerdings gibt es auch Sachen, die ich anders besser empfunden hätte oder die für mich wenigstens im Vergleich zu meinem Land fremd waren, wie zum Beispiel der Abstand der Beziehungen zwischen den Menschen. Am Anfang musste ich mich die ganze Zeit mit den Mitarbeitern siezen und das war für mich als eine Europäerin aus dem Süden extrem schwierig.
Ich habe viele Sachen, die ich von hier mitnehmen möchte und ich bin dankbar dafür. Nun hoffe ich, dass ich auch etwas hier hinterlassen habe, obwohl man es wahrscheinlich zwischen PID, Schuldenkrise, Energiepolitik und Stuttgart 21 nicht gleich merken kann.“