Weitere Maßnahmen zur Sicherung des Euro

Newsletter Nr. 33, September 2011.

In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode steht die christlich-liberale Koalition vor einer großen Herausforderung: Nachdem es gelungen ist, den Euro trotz der massiven Turbulenzen auf den Finanzmärkten stabil zu halten, müssen jetzt mit Nachdruck grundlegende Reformen für Europa in Angriff genommen werden. Hier sind einige Versäumnisse, die vor allem unter der rot-grünen Bundesregierung begangen wurden, aufzuholen. Vor allem müssen die Mitglieder der Eurozone endlich lernen, nachhaltig und solide zu wirtschaften, damit sie wirtschaftlich stark und wettbewerbsfähig werden. Wir brauchen also sowohl wirksame Umstrukturierungen zur Prävention als auch ein starke und flexible Rettungsinstrumente für den Krisenfall.

[download id=“266″ display=“name“]

Flexibilisierung des Rettungsschirms

Deshalb verabschieden wir das Gesetz zur Änderung des sogenannten „Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ (=StabMechG), das dem vorläufigen Euro-Rettungsschirm (mit offiziellem Namen Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität = EFSF) mehr Flexibilität verleihen soll. Mit der EFSF war im Mai 2010 ein temporärer Rettungsschirm aufgespannt worden, der 2013 durch den dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abgelöst werden soll.

Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen aber, dass die Schlagkraft der EFSF in bestimmten Punkten noch gestärkt werden muss. Deshalb soll jetzt zum einen das Ausleihvolumen auf 440 Milliarden Euro und der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht werden, zum andern sollen die Kompetenzen der EFSF erweitert werden: Künftig kann sie sowohl Anleihen kriselnder Euro-Staaten aufkaufen als auch schon vorsorglich eingreifen und einem angeschlagenen Land Kredite bereitstellen, sofern Ansteckungsgefahr und eine Destabilisierung der Eurozone als Ganzes zu befürchten sind.

Deutschlands Anteil am Rettungsschirm wird 211 Milliarden Euro betragen. Die Differenz zwischen dem Ausleihvolumen und dem Garantierahmen kommt deshalb zustande, weil nur der Betrag, der von AAA-Staaten (sog. Triple-A-Staaten) (z. B. Deutschland, Frankreich, Finnland, Luxemburg, die Niederlande und Österreich) garantiert wird, auch tatsächlich ausgezahlt werden darf. Mit dieser Vorsichtsmaßnahme soll die Stabilität des Euros gewahrt werden.

Mitsprache des Parlaments

Bei der Flexibilisierung der EFSF setzt sich die Unionsfraktion für gestufte Mitwirkungsrechte des Bundestags ein.  Hier ist jedoch der Balanceakt zu leisten, dem Parlament seine Budget-Hoheit zu belassen, aber gleichzeitig den Rettungsschirm handlungsfähig zu halten – was keinesfalls gegeben wäre, wenn vor jeder Entscheidung alle 17 nationalen Parlamente einzubeziehen wären. Deshalb sieht das Stufenmodell der Unionsfraktion vor, dass das Bundestagsplenum grundsätzlich darüber zu entscheiden hat, ob ein verschuldetes Euro-Land Hilfen beziehen soll. Für die reine Anwendung der Instrumente oder im Falle ihrer Veränderungen würde eine Zustimmung des Haushaltsausschusses ausreichen.

Strukturänderungen sind nötig

Doch klar ist: All das sind lediglich Maßnahmen, die den Euro im Krisenfall stabilisieren und die internationalen Finanzmärkte beruhigen, aber die strukturellen Probleme der Eurozone nicht lösen können. Bis heute ist der Euro die einzige Währung der Welt, der nicht eine einheitliche Wirtschafts- und Finanzpolitik zugrundeliegt. Genau das ist in den Jahren der Wirtschaftskrise zum Problem geworden, so dass wir hier gegensteuern müssen. Deshalb haben die Staats- und Regierungschefs der Eurozone auf deutsch-französische Initiative den sogenannten Euro-Plus-Pakt vereinbart, dessen Ziel es ist die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten insgesamt zu verbessern, um Krisen nachhaltig vorzubeugen. Dabei geht es beispielsweise um die Sicherung von Arbeitsplätzen und vor allem um eine verbesserte und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Um das zu erreichen, haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, im nationalen Recht eine Budgetregel zu verankern, die die Einhaltung der im Stabilitäts- und Wachstumspakt enthaltenen Haushaltsvorschriften sicherstellt, also im Sinne der deutschen Schuldenbremse die Neuverschuldung gering hält und zum Schuldenabbau führt.

Um jedoch die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Eurozone zu vereinheitlichen, sind weitreichendere Maßnahmen notwendig, die das Fundament Europas grundsätzlich neu legen würden. Eine gemeinsame Wirtschaftsregierung und entsprechende Vertragsänderungen wäre eine Möglichkeit dafür. Ohne Denkverbote werden wir in den nächsten Monaten und Jahren nach geeigneten Lösungen suchen.

Finanzmarktregulierung

Auch die konsequent eingeleiteten  strukturellen Reformen des Finanzmarktes haben einen zentralen Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet. Insgesamt wurden mehr Regularien für den Finanzmarkt eingeführt, ohne dass sich diese negativ auf die deutsche Volkswirtschaft ausgewirkt hätte. Nationale, europäische und globale Initiativen wurden vorangetrieben und bereits erste Erfolge erzielt. Zu den zentralen Reformen gehören die Beschlüsse des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht. Sie sehen strengere Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken vor. Von großer Bedeutung ist auch, dass die Bankenaufsicht stärkere Eingriffsrechte bekommt, wenn sich Banken in einer Krisensituation befinden. Zukünftige Restrukturierungsmaßnahmen werden durch die ab 2011 erhobene Bankenabgabe finanziert. Für Hedgefonds und Ratingagenturen gelten Zulassungskriterien bzw. eine Registrierungspflicht. Ungedeckte Leerverkäufe deutscher Aktien sind seit dem Sommer 2010 verboten. Dies sind nur einige Beispiele der bereits eingeleiteten Maßnahmen, weitere werden folgen, um einen stabilen und wettbewerbsfähigen deutschen und europäischen Finanzplatz zu gestalten.

Ausblick auf den ESM

Ab dem 1. Juli 2013 soll der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) sämtliche Aufgaben verschiedener, nur zeitlich befristeter Instrumente wie zum Beispiel der EFSF übernehmen. Die genaue Ausgestaltung steht noch nicht fest, das maximale Ausleihvolumen soll 500 Mrd. Euro betragen. Klar ist schon jetzt, dass Unterstützungen durch den ESM auch weiterhin nur unter strikten Bedingungen und Auflagen gewährt werden: Nur wenn die Stabilität der Eurozone insgesamt gefährdet ist, gewissermaßen als ultima ratio, nur bei der Durchsetzung eines strikten wirtschaftlichen Reform- und Anpassungsprogrammes in dem entsprechenden Land, nur auf Basis einer ausführlichen Schuldentragfähigkeitsanalyse und nur nach einstimmiger Entscheidung aller Mitglieder der Eurozone werden einem überschuldeten Land Finanzhilfen gewährt. Damit hat Deutschland also ein Vetorecht und kann seine Interessen in jedem Fall wahren. Entscheidend ist, dass auch der Privatsektor erstmals in Hilfsmaßnahmen für Krisenstaaten einbezogen werden wird.

Für ein starkes Europa

Für die mit der Euro-Krise verbundenen Sorgen der Bürger habe ich sehr viel Verständnis. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die europäische Einigung nicht nur historisch bedingt im ureigensten Interesse Deutschlands liegt, sondern auch wirtschaftlich. Da insgesamt 43 Prozent aller Exporte in die Eurozone führen, gehört Deutschland zu den großen Gewinnern der Euro-Einführung. Letztlich ist die Euro-Frage untrennbar verbunden mit der Frage nach der europäischen Zukunft. Wollen wir den Zusammenhalt Europas nicht gefährden, müssen wir den Euro sichern!