22 Mai Brief aus Berlin – 10/2015
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Vor dem Start in das lange Pfingstwochenende möchte ich Sie noch mit aktuellen Informationen aus der Berliner Politik versorgen. Ich wünsche Ihnen schöne Feiertage und grüße Sie herzlich aus Berlin!
Ausschuss Digitale Agenda zu Gast beim Bundespräsidenten
Wie verändert die Digitalisierung die verschiedenen Bereiche unseres Lebens? Wie kann die Politik den digitalen Wandel aktiv mitgestalten? Über diese Fragen diskutierte ich am Dienstag mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck. Er hatte uns Mitglieder des Ausschusses Digitale Agenda zu einem Gespräch ins Schloss Bellevue eingeladen. Dabei wurde deutlich, welch hohen Stellenwert das Thema auch aus Sicht des Bundespräsidenten hat. Wir sprachen insbesondere über die positiven Veränderungen, die der digitale Wandel für uns mitbringen kann, wenn wir seine Chancen beherzt ergreifen. Eine tolle Motivation für unsere Arbeit im Ausschuss Digitale Agenda!
BAföG-Entlastung muss Hochschulen zugutekommen
Vor knapp einem Jahr haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass der Bund seit Januar 2015 vollständig und auf Dauer die BAföG-Kosten trägt. Für Thüringen bedeutet das eine Entlastung von mindestens 24 Millionen Euro pro Jahr! Im Gegenzug haben die Länder zugesagt, die frei werdenden Mittel im Bereich Hochschule und Schule zu verwenden – also dort, wo Investitionen dringend nötig sind.
Eine Abfrage bei den Ländern zur Verwendung dieser Mittel hat nun ergeben, dass sich nicht alle Länder an diese Vereinbarung halten. Auch Thüringen will diese Entlastung wohl erst ab 2016 an die Hochschulen weiterreichen. Während an Universitäten wie der TU Ilmenau die Streichung von elf Lehrstühlen droht, ist unklar, was die Landesregierung mit den frei werdenden Mitteln von 24 Millionen Euro in 2015 macht. Das ist nicht akzeptabel, denn Ziel der Vereinbarung war vor allem eine Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen. Ich fordere daher den Landtag auf, von seiner Haushaltskompetenz Gebrauch zu machen und die BAföG-Millionen bereits 2015 vollständig an die Hochschulen weiterzureichen.
NSA-Affäre weiter in der Diskussion
Auch in dieser Sitzungswoche waren die Vorwürfe in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen dem amerikanischen Geheimdienst NSA und dem Bundesnachrichtendienst BND wieder Thema. Intensiv diskutiert wird derzeit über die sogenannte Selektorenliste, die von der NSA an den BND geliefert wurde. Diese enthält Suchbegriffe für die Aufklärungsarbeit. Wir erörtern zurzeit mit der Bundesregierung ein geeignetes Verfahren, um die Informationen aus dieser Liste bewerten zu können.
Im Untersuchungsausschuss haben wir den BND Präsidenten Schindler als Zeugen vernommen, der sehr zur Versachlichung der Debatte beigetragen hat. In seiner Aussage betonte er die Notwendigkeit der internationalen Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten für unsere Sicherheit. Er räumte auch organisatorische Mängel ein und stellte die Sofortmaßnahmen vor, mit denen sein Haus darauf reagiert hat. So hat der BND beispielsweise bereits eine interne Kontrollgruppe eingerichtet.
Regelung zur Tarifeinheit
Lange Zeit galt in Deutschland der Grundsatz: „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“. Durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Jahr 2010 änderte sich dies. Teile von Arbeitgebern und Gewerkschaften haben daraufhin die Politik aufgefordert, die Tarifeinheit gesetzlich zu regeln. Das machen wir nun und haben am Freitag das Gesetz zur Tarifeinheit beschlossen.
Damit soll der Grundsatz der Tarifeinheit geregelt und die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie gesichert werden. Das Prinzip der Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich geschützt. Gewerkschaften und Arbeitgeber verhandeln miteinander über Gehälter oder Arbeitszeiten. Das hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Das Gesetz soll nur dann Anwendung finden, wenn zwei Gewerkschaften in ein- und demselben Betrieb dieselben Arbeitnehmergruppen vertreten und für diese unterschiedliche tarifliche Regelungen treffen wollen. Für so entstehende Tarifkollisionen, die auch bei den aktuellen Verhandlungen der Bahn mit den beiden Gewerkschaften EVG und GDL eine Rolle spielen, legt das Gesetz Wege der Auflösung fest. Die Interessen der Minderheitsgewerkschaften werden dabei geschützt.
Unverändert bleibt natürlich, dass über die Verhältnismäßigkeit eines Streiks im Zweifel die Gerichte zu befinden haben, nicht der Gesetzgeber.
Ich unterstütze das Ziel des Gesetzes, den Grundsatz der Tarifeinheit zu regeln, weshalb ich zugestimmt habe. Gleichwohl ist die gesetzliche Ausgestaltung eine schwierige Materie und es gibt unter den Abgeordneten geteilte Meinungen darüber, ob der Gesetzestext in seiner jetzigen Formulierung zweifelsfrei verfassungsmäßig ist. Da ich diese Bedenken teile, habe auch ich dies in einer persönlichen Erklärung mitgeteilt.
Nachtragshaushalt entlastet Land und Kommunen
Der Bundestag hat den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr beschlossen. Damit legen wir die Verteilung des 10-Milliarden-Euro-Pakets für Zukunftsinvestitionen fest. Unsere Schwerpunkte liegen in den Bereichen Infrastruktur, Energie und Umwelt.
Um den Kommunen einmal mehr kräftig unter die Arme zu greifen, haben wir in diesem Zuge das Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen beschlossen. Auf die Thüringer Kommunen entfallen dabei insgesamt etwa 75 Millionen Euro. Die Landesregierung ist nun aufgefordert, dieses Geld rasch an die Kommunen weiterzugeben.
Außerdem unterstützt der Bund mit jeweils 500 Millionen Euro in den Jahren 2015 und 2016 Länder und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern.