Weitere Maßnahmen zur Sicherung der Stabilität des Euro

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Die Bundeskanzlerin hat es in ihrer Regierungserklärung am 27. Februar 2012 sehr deutlich gesagt: Die Staatsschuldenkrise in Europa ist die schwerste Bewährungsprobe in der Geschichte der europäischen Einigung und ihre Überwindung ist eine große Herausforderung für uns alle. Wenn der Euro scheitert, dann scheitert auch Europa. Deshalb müssen wir eine starke Stabilitätsunion schaffen, die von einem Fundament aus Solidität, Wachstum und Solidarität getragen ist. Und wir müssen verantwortungsvoll Maßnahmen ergreifen, die die Stabilität des Euro sichern.

Aktuell: Das zweite Rettungspaket für Griechenland

Am 27.2.2012 hat der Bundestag mit breiter Mehrheit der Gewährung eines Darlehens für Griechenland aus  dem Euro-Rettungsfonds (ESFS) zugestimmt. Dies hatte das Bundesfinanzministerium in zwei Anträgen gefordert, die in einer Sondersitzung beraten wurden. Das Darlehen hat laut Antrag eine Gesamthöhe von 130 Milliarden Euro. Anders als beim ersten Rettungspaket aus dem Jahr 2010 wird die Hilfe diesmal über den Euro-Rettungsfonds abgewickelt. Das bedeutet, dass die Euro-Staaten nur Bürgschaften zusagen, denn der Rettungsfonds leiht sich das Geld an den Finanzmärkten und gibt es zu niedrigen Zinsen an Griechenland weiter. Nur wenn Griechenland das Geld nicht selbst zurückzahlen kann, springen die Euro-Staaten ein.
Hintergrund ist, dass Griechenland den Präsidenten der Eurogruppe um ein Nothilfedarlehen aus dem EFSF gebeten hat. Die Gelder sollen es Griechenland ermöglichen, eine freiwillige Umschuldung seiner privaten Anleiheschulden herbeizuführen und so die Grundlage für eine tragfähige Schuldenentwicklung schaffen (hierfür werden 35,5 Milliarden Euro veranschlagt). Auf dieser Grundlage soll die Zahlungsfähigkeit Griechenlands im Rahmen eines mehrjährigen Hilfsprogramms dauerhaft gesichert werden (hierfür sollen 94,5 Milliarden Euro bereit stehen). Die Notmaßnahmen sollen insgesamt die Stabilität des Euro sichern.

Warum ist die Stabilität des Euro für Deutschland von Interesse?

Die Staatspleite eines Euro-Landes hätte erhebliche Folgen für die Stabilität des Euros, denn es gibt derzeit kein Verfahren für eine geordnete Insolvenz eines Euro-Landes.  Das könnte für Deutschland schwerwiegende Auswirkungen haben. Denn zum einen profitieren wir mit unserer exportorientierten Wirtschaft, an der viele Arbeitsplätze hängen, sehr von der gemeinsamen Währung. Zum anderen wären viele Bürgerinnen und Bürger betroffen, weil auch deutsche Banken und Versicherungen in Staatsanleihen von gefährdeten Ländern wie Griechenland investiert haben. Staatsanleihen sind Bestandteil in vielen Lebensversicherungen und Vorsorgeplänen, da sie normalerweise ein sehr geringes Risiko haben. Ein stabiler Euro ist also unverzichtbar wenn wir die Arbeitsplätze und Ersparnisse deutscher Bürgerinnen und Bürger sichern wollen.

Warum tritt Griechenland nicht einfach aus der Euro-Zone aus?

Vielen erscheint es als die einfachste Lösung, wenn Griechenland nicht mehr Mitglied in der Euro-Zone wäre. Die Risiken eines Austritts Griechenlands sind jedoch völlig unkalkulierbar. Niemand kann wirklich abschätzen, welch weitreichende Folgen eine ungeordnete Insolvenz Griechenlands letztlich hätte – und zwar für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, für die anderen krisengeschüttelten Länder wie Portugal und Irland und schließlich für die ganze Euro-Zone.  Es wäre sehr waghalsig und unverantwortlich, Griechenland zu einem Austritt zu bewegen. Die Chancen, die darin liegen wenn wir Griechenland helfen, überwiegen deutlich die Risiken. Wir müssen es schaffen, Griechenland nachhaltig zu stabilisieren. Nur dann können wir eine starke Stabilitätsunion in Europa schaffen.

Hintergrund: Bisherige Maßnahmen für Griechenland

Griechenland muss in den kommenden Jahren seinen Staatsapparat grundlegend modernisieren und umfassende Strukturreformen durchführen. Es wird einige Zeit dauern bis Griechenland wieder wettbewerbsfähig ist und wir befinden uns inmitten eines langen Prozesses aufeinanderfolgender Maßnahmen. Einiges haben wir schon getan:
Erstes Rettungspaket für Griechenland: Im Mai 2010 haben die Euro-Staaten zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Hilfspaket aus Notkrediten in Höhe von 110 Milliarden Euro für Griechenland geschnürt. Im Gegenzug verpflichtete sich Griechenland, ein strenges Restrukturierungsprogramm durchzuführen. Dazu gehörten unter anderem die Kürzung von Gehältern im Öffentlichen Dienst, von Renten und Pensionen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19 auf 23 Prozent sowie ein 50 Milliarden Euro umfassendes Privatisierungsprogramm. Ein weiteres wesentliches Element ist die Stärkung des Wettbewerbs.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit dafür gesorgt, dass die Hilfen in Tranchen ausgezahlt werden. So soll sichergestellt werden, dass Griechenland seine Zusagen auch einhält. Regelmäßig überprüfen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und IWF (die sogenannte „Troika“), ob Griechenland die erforderlichen Fortschritte gemacht hat.
Nach anfänglich großen Anstrengungen war Griechenlands Reformeifer zwischenzeitlich ins Stocken geraten. Die Finanzminister der Euro-Staaten hatten deshalb bei ihrem Treffen am 16. Mai 2011 von Griechenland deutlich stärkere Sparanstrengungen und das Beschleunigen der Privatisierungen gefordert. Die griechische Regierung hatte sich Anfang Juni in einem Kabinettsbeschluss auf konkrete Maßnahmen verständigt, die vom Parlament gebilligt wurden. Bei allen berechtigten Forderungen nach großen Eigenanstrengungen Griechenlands muss man aber festhalten: Nach jahrelanger Misswirtschaft ist eine derart grundlegende Umstrukturierung nicht von heute auf morgen zu bewältigen.

Ausblick: Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM)

Die Aufgaben des zeitlich befristeten Euro-Rettungsfonds EFSF soll ab dem 1. Juli 2013 der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) übernehmen. So soll ein dauerhafter Krisenmechanismus geschaffen werden, mit dem wir auch für zukünftige Krisen gewappnet sind. Die genaue Ausgestaltung steht noch nicht fest. Klar ist aber schon jetzt, dass Unterstützungen durch den ESM auch weiterhin nur unter strikten Bedingungen und Auflagen gewährt werden: Nur wenn die Stabilität der Eurozone insgesamt gefährdet ist, nur bei der Durchsetzung eines strikten wirtschaftlichen Reform- und Anpassungsprogrammes in dem entsprechenden Land, nur auf Basis einer ausführlichen Schuldentragfähigkeitsanalyse und nur nach einstimmiger Entscheidung aller Mitglieder der Eurozone werden einem überschuldeten Land Finanzhilfen gewährt.
Damit hat Deutschland also ein Vetorecht und kann seine Interessen in jedem Fall wahren. Entscheidend ist, dass auch der Privatsektor in Hilfsmaßnahmen für Krisenstaaten einbezogen werden wird.