Brief aus Berlin 16/2015

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An diesem Wochenende feiern wir ein ganz besonderes Jubiläum, nämlich 25 Jahre Deutsche Einheit. Im ganzen Land finden Festveranstaltungen statt. Im Bundestag haben wir heute den Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit diskutiert. Welche Themen mich in der vergangenen Sitzungswoche in Berlin noch beschäftigt haben, erfahren Sie im Folgenden.

 

Änderungen im Asylrecht beraten

Im Bundestag haben wir erstmals das Gesetzespaket beraten, mit dem Asylverfahren beschleunigt, Fehlanreize für unberechtigte Asylanträge verringert und abgelehnte Asylbewerber schneller rückgeführt werden sollen. Gleichzeitig öffnen wir Asylbewerbern mit guten Bleibeperspektiven den Weg zu einer gelungenen Integration in die deutsche Gesellschaft und den Arbeitsmarkt. Grundlage sind die Beschlüsse des Bund-Länder-Treffens zur Asyl- und Flüchtlingspolitik, die ich sehr begrüße. In meinem letzten Brief aus Berlin habe ich Ihnen darüber ausführlich berichtet.

Der Bundesinnenminister dankte in seiner Rede im Bundestag den Bürgermeistern und Landräten, die derzeit einen großen Teil der Belastungen tragen müssten. Von den Asylbewerbern forderte er, unsere Regeln und Gesetze anzuerkennen. Wenn wir eine Willkommenskultur leben, müssten wir auch eine Anerkennungskultur erwarten.

Flüchtlinge durch Bildung integrieren

Integration funktioniert nicht ohne Bildung. Deshalb begrüße ich sehr, dass das Bundesbildungsministerium die Integration von Flüchtlingen mit einem großen Maßnahmenpaket unterstützt. Im Mittelpunkt stehen das Erlernen der deutschen Sprache, das Erkennen von Kompetenzen und Potenzialen von Flüchtlingen und ihre Integration in Ausbildung und Beruf. Viele Flüchtlinge bringen bereits Berufsqualifikationen mit. Mit dem sogenannten Anerkennungsgesetz gibt es eine solide Basis dafür, sie anzuerkennen.

Ob die Integration gelingt, entscheidet sich in den Kommunen. Zur Organisation und Koordinierung von Bildungsangeboten für Flüchtlinge wird das Bundesbildungsministerium Kreisen oder kreisfreien Städten mit Beginn 2016 ermöglichen, einen Koordinator zu finanzieren. Auch die Bündnisse für Bildung im Programm „Kultur macht stark“ werden gestärkt. Sie erreichen derzeit 300.000 Kinder und Jugendliche. Der Deutsche Volkshochschulverband hat sein Angebot bereits erweitert. So werden Jugendlichen Sprach- und Kulturtechniken vermittelt, die bei der Integration helfen und einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung einer Willkommenskultur leisten. Klar ist: Wenn Integration in Ausbildung, Arbeitsmarkt und Gesellschaft gelingt, profitieren alle davon.

Fachgespräch zu Digitaler Arbeit

Was bedeutet die Digitalisierung für unsere Arbeitswelt? Mit dieser Frage beschäftigten wir uns am Mittwoch im Ausschuss Digitale Agenda in einem Fachgespräch zur „Digitalen Arbeit“. Die geladenen Experten waren sich darüber einig, dass die Digitalisierung der Arbeit Chancen wie Risiken beinhaltet.

Die Möglichkeiten von Industrie 4.0 bieten Arbeitgebern und Arbeitnehmern großes Potenzial. Die Digitalisierung von Arbeitsprozessen und Organisationsentwicklung wird neue Regeln und mehr Flexibilität auf allen Seiten erfordern. Umso wichtiger sind gute Sozialpartnerschaften, um erfolgreich mit den Veränderungen der Digitalen Arbeitswelt umzugehen.

Wichtigste Grundlage für einen gelungenen Übergang in die digitale Arbeitswelt ist die Ausbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter. Darin, sowie in Forschung und Entwicklung zu Industrie 4.0 sehe ich auch Potenzial für die TU Ilmenau.

EU-Kommissar Ansip zu Gast

„Wir wollen den digitalen Binnenmarkt schaffen“ erklärte der zuständige EU-Kommissar Andrus Ansip, ehemaliger estnischer Ministerpräsident, der am Montag Gast im Ausschuss Digitale Agenda war.

Was die Freizügigkeit von Gütern und Dienstleistungen betrifft, sind die vielen verschiedenen Regularien innerhalb der EU ein Problem, auch weil sie insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen unverständlich sind. Daher plane die EU-Kommission eine Harmonisierung der Regularien bei den Online-Verkäufen.

Viele junge Startup-Unternehmen aus Europa gehen derzeit noch in die USA,  da es dort einen gemeinsamen Binnenmarkt gebe und keinen zersplitterten Markt wie in Europa. Hier soll Abhilfe geschaffen werden.

25 Jahre Deutsche Einheit

Am Samstag feiern wir den Tag der Deutschen Einheit und damit 25 Jahre Wiedervereinigung unseres Landes. Der 3. Oktober 1990 ist einer der glücklichsten Tage unserer Geschichte und für mich ein ganz besonderes Datum. Er bildete den Schlusspunkt der friedlichen Revolution, durch die sich die Deutschen in der DDR von der Herrschaft der SED befreiten und die Einheit unseres Vaterlandes ermöglichten. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl hat die historische Chance der friedlichen Revolution und des Mauerfalls erkannt und genutzt.

Natürlich standen den Menschen im vereinten Deutschland noch viele Veränderungen bevor. Dieser Wandel brachte sicherlich auch Enttäuschungen für einige Menschen und nicht alle Träume sind wahr geworden. Dennoch sind die vom Kanzler der Einheit in Aussicht gestellten blühenden Landschaften vielerorts Wirklichkeit geworden. Das ist der Tatkraft und der Aufbauleistung der Menschen im Osten, aber auch der Solidarität und Unterstützung durch die Menschen im Westen Deutschlands zu verdanken. Mit Blick auf die deutsche Geschichte wird die Auseinandersetzung mit den Strukturen und Wirkungen der SED-Diktatur auch in Zukunft ein Schwerpunkt der Aufarbeitung bleiben.

Was wir bei der Wiedervereinigung geleistet haben, ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, was mit Solidarität geschaffen werden kann.