Brief aus Berlin – Nr. 8/2011

Die letzte Sitzungswoche des Deutschen Bundestages vor der Osterpause war thematisch bunt gemischt. Hier informiere ich Sie über einige Neuigkeiten. Ihnen allen wünsche ich ein frohes Osterfest und erholsame Tage. Meinen nächsten Brief aus Berlin erhalten Sie wegen der Osterpause am 13. Mai.

  1. Bessere Ärzteversorgung für Thüringen
  2. PID: Debatte im Parlament
  3. Bildungsbericht: Chancengleichheit auf gutem Weg
  4. Thüringer in Berlin
  5. Gesucht: Gastfamilien für amerikanische Stipendiaten

[download id=“192″ display=“name“]

1. Bessere Ärzteversorgung für Thüringen
Die Bundesregierung hat Eckpunkte für eine bessere Ärzteversorgung vorlegt. Diese Regelungen bieten vor allem für die ländlichen Regionen in Thüringen die Chance zu einer verbesserten flächendeckenden, wohnortnahen und bedarfsgerechten Ärzteversorgung. Mit einem umfassenden Katalog, der unter anderem nicht nur finanzielle Anreize, sondern auch verbesserte Arbeitsbedingungen vorsieht, wird es Ärzten erleichtert, sich in ländlichen oder strukturschwachen Regionen niederzulassen. Außerdem erhalten die Länder mehr Mitwirkungsrechte bei der Bedarfsplanung, wodurch künftig regionale Besonderheiten besser berücksichtigt werden können. Mit einem Schnitt von 280 Einwohnern pro Arzt liegt Thüringen im hinteren Teil des Rankings aller Bundesländer, wobei die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen sehr groß sind.

2. PID: Debatte im Parlament
Am Donnerstag haben wir die seit Wochen kontrovers in Politik und Öffentlichkeit diskutierte Präimplantationsdiagnostik (PID) in erster Lesung beraten. Erste Informationen zu diesem Thema hatte ich Ihnen bereits in meinem Brief aus Berlin Nr. 3 gegeben, aufgrund der Wichtigkeit möchte ich das Thema heute aber noch einmal aufgreifen.
Die PID ist ein Gentest, mit dem Eizellen nach einer künstlichen Befruchtung auf genetische Fehler untersucht werden können. Weil dieses Thema ethisch-moralisch höchst unterschiedlich bewertet wird und es sich um eine reine Gewissensentscheidung handelt, sind die Fraktionsgrenzen in diesem Fall aufgehoben. Wir Abgeordneten sind also ausschließlich unserem Gewissen verpflichtet. Über die Fraktionsgrenzen hinweg wurden deshalb drei verschiedene Gesetzesentwürfe entwickelt, über die wir in dieser Woche zum ersten Mal im Plenum diskutiert haben. Der Gesetzentwurf der PID-Gegner sieht ein vollständiges Verbot vor. Begründet wird das Verbot mit der Notwendigkeit, ungeborenes Leben zu schützen. Die beiden anderen Gesetzentwürfe sind für eine begrenzte Zulassung der PID, wobei sich die Rahmenbedingungen und Beschränkungen unterschieden. Der Gesetzentwurf, den ich favorisiere, sieht eine Zulassung der PID für Paare mit einer genetischen Disposition für schwere Erbkrankheiten und in Fällen, in denen eine Totgeburt droht, vor. Das vorrangige Ziel ist es, späte Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden und Paaren, die um eine verhängnisvolle Erbkrankheit wissen, in ihrer Notlage zu helfen. Der dritte Gesetzentwurf schränkt die Anwendung der PID auf wenige Fälle ein. Nur wenn die Gefahr einer Tot- oder Fehlgeburt oder der Tod im ersten Lebensjahr droht, soll die PID angewandt werden. Nach Krankheiten, die erst im späteren Lebensverlauf auftreten können, darf nach diesem Vorschlag nicht gesucht werden.
Die Debatte verlief sehr kontrovers. Bis zur zweiten und dritten Lesung des Gesetzes haben wir Abgeordneten noch einmal die Möglichkeit, unsere Positionen zu überprüfen.
Auch das Votum der Wissenschaftler, die Stellungnahmen zur PID abgegeben haben, ist geteilt. Mehrheitlich wurde sich jedoch für eine begrenzte Zulassung der PID ausgesprochen. So votierte beispielsweise auch der Deutsche Ethikrat mit einer knappen Mehrheit dafür. Begründet haben die Wissenschaftler ihre Stellungnahme damit, dass die Rechte und der Schutz der Mutter gegenüber dem Embryonenschutz abzuwägen seien. Bei der PID werde nicht auf grundsätzlich andere Weise in das Lebensrecht des Embryos eingegriffen als bei einem Schwangerschafts-abbruch.

3. Bildungsbericht: Chancengleichheit auf gutem Weg
Am Mittwoch fand ein öffentliches Fachgespräch zum Nationalen Bildungsbericht 2010 statt. Der Bildungsbericht liefert alle zwei Jahre einen Überblick über das Bildungswesen in Deutschland und ist damit quasi ein Instrument zur Dauerbeobachtung des Systems. Die Experten hoben hervor, dass die Entwicklung im Bildungssystem in den letzten zehn Jahren in fast allen Gebieten überaus positiv gewesen sei – wir sind also auf einem guten Wege! Dieses Mal befasste sich der Bildungsbericht vor allem mit dem demografischen Wandel. Eine zentrale Herausforderung des Bildungswesens liegt darin, allen jungen Menschen gesellschaftliche und soziale Teilhabe über Bildung zu ermöglichen. Die Studie belegte unter anderem, dass immer mehr Schüler im Laufe ihrer Schulzeit in eine höher qualifizierende Schulart übergehen. Allerdings wechseln Jungendliche mit Migrationshintergrund selbst bei gleichem sozioökonomischen Status seltener in diese Richtung die Schulform. In diesem Bereich werden wir unsere Bemühungen noch weiter ausbauen.

4. Thüringer in Berlin
Am Mittwoch fand das alljährliche Passionskonzert des Freistaates Thüringen im Französischen Dom in Berlin statt. Die Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, die Chefin der Staatskanzlei Marion Walsmann und der Bevollmächtigte Thüringens beim Bund Reinhard Stehfest empfingen die zahlreichen Gäste. Das Thüringer Ensemble „Cantus Thuringia & Capella“ spielte Passionsmusik aus dem 16. und 17. Jahrhundert der drei Thüringer Komponisten Heinrich Schütz, Michael Praetorius und Michael Altenburg. Für mich war das ein sehr besinnlicher Höhepunkt der Passionszeit.
Am Freitag trafen wir Thüringer Bundestagsabgeordnete uns dann mit der Ministerpräsidentin zu einem politischen Frühstück, bei dem wir vor allem über das Energiekonzept, das Bauforderungssicherungsgesetz und die Elektromobilitäts-initiative sprachen.

5. Gesucht: Gastfamilien für amerikanische Stipendiaten
Auch in diesem Sommer kommen wieder rund 250 junge Stipendiaten aus den USA für ein Schuljahr nach Deutschland. Die Jugendlichen haben Stipendien für ein Austauschjahr im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms (PPP) erhalten, die der Deutsche Bundestag gemeinsam mit dem Kongress der USA an Schüler beider Länder vergibt. Die Austauschorganisation Deutsches Youth For Understanding Komitee e.V. (YFU) sucht noch für etwa 50 der jungen Amerikaner Gastfamilien in ganz Deutschland. Ich würde mich freuen, wenn sich in meinem Wahlkreis Familien fänden, die bereit sind, einen amerikanischen Jugendlichen bei sich aufzunehmen. Als örtlicher Bundestagsabgeordneter wäre ich dann der Pate des Gastkindes. Grundsätzlich ist jede Familie für die Aufnahme eines Austauschschülers geeignet – ob berufstätig, allein erziehend, ob mit Kindern oder ohne. Bürger, die Interesse haben, eine Schülerin oder einen Schüler für ein Jahr bei sich aufzunehmen, informieren und melden sich bei YFU unter Telefon 040 2270-020 oder per E-Mail info@yfu.de. Weitere Informationen erhalten Sie im Internet unter www.yfu.de und www.bundestag.de/ppp.