Ärtzliche Versorgung im ländlichen Raum sicherstellen

Newsletter Nr. 39, November 2011

Am 01. Dezember 2011 hat der Deutsche Bundestag das sog. „GKV-Versorgungsstrukturgesetz“ verabschiedet. Ziel des Gesetzes ist es, eine wohnortnahe und flächendeckende medizinische Versorgung auch in Zukunft zu gewährleisten. Ich begrüße dieses neue Gesetz ausdrücklich, denn es hat vor allem für den ländlichen Raum eine enorme Bedeutung. Mit dem Bundestagsbeschluss schaffen wir neue Anreize für Ärzte, sich auch jenseits der Ballungszentren in eigener Praxis niederzulassen. Somit profitieren auch zahlreiche Regionen in Thüringen von der Neuregelung. Wir gehen damit einen bedeutenden Schritt, um einer drohenden medizinischen Unterversorgung vorzubeugen. Der klassische Landarzt soll wieder attraktiver und jungen Medizinern eine solche Berufswahl erleichtert werden. Im Mittelpunkt der Entscheidung stehen somit die Patienten, deren Versorgung mit medizinischen Leistungen wir sicherstellen.

[download id=“315″ display=“name“]

Niederlassung von Ärzten unterstützen

Das neue Gesetz bietet zunächst einen umfassenden Katalog von Anreizen und finanziellen Hilfen. Um Ärzte bei einer Niederlassung im ländlichen oder strukturschwachen Raum zu unterstützen, werden sie etwa von der Begrenzung der Vergütung ausgenommen. Sie können zudem von den Kassenärztlichen Vereinigungen über einen Strukturfonds gefördert werden und Preiszuschläge für ihre Leistungen erhalten. Darüber hinaus erhalten die Länder mehr Mitwirkungsrechte bei der Bedarfsplanung, so dass regionale Besonderheiten zukünftig besser berücksichtigt werden. Wir wollen den Ländern mehr Kompetenzen in der Frage geben, wie sie mit beeinflussen können und was in den Landesausschüssen in der Bedarfsplanung geschieht. Die Länder erhalten ein Initiativ-, Antrags- und Beanstandungsrecht. Sie erhalten auch das Recht, ein sektorübergreifendes Gremium auf Landesebene zu schaffen, wobei dessen nähere Ausgestaltung und Besetzung ebenfalls den Ländern überlassen bleibt.

Ambulante Versorgung ausbauen

Zu den zahlreichen weiteren Maßnahmen des Versorgungsgesetzes gehört aber auch der Ausbau der ambulanten Versorgung. Aufgrund des medizinischen Fortschritts ist es inzwischen möglich, viele bisher stationär erbrachte Behandlungen ambulant durchzuführen. Die strenge sektorale Aufteilung der GKV-Versorgung zwischen vertragsärztlicher Versorgung und Krankenhausversorgung wird dieser Entwicklung nicht mehr hinreichend gerecht und soll daher durch die Einführung eines sektorenverbindenden Versorgungsbereichs der ambulanten spezialärztlichen Versorgung überwunden werden. Um ein reibungsloseres Ineinandergreifen von stationärer und ambulanter Versorgung zu gewährleisten, wird dazu schrittweise für besonders schwere oder seltene Erkrankungen ein sektorenverbindender Versorgungsbereich der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung eingeführt. Auch der Ausbau der Telemedizin im ländlichen Raum soll vorangebracht und durch eine besser Vergütung gefördert werden.

Entbürokratisierung und Deregulierung

Wir haben darüber hinaus aber auch eine Verbesserung des Versicherungsschutzes beschlossen. Durch Entbürokratisierungen und Deregulierungen wird den Patienten insgesamt eine unkompliziertere medizinische Behandlung zuteil werden. Hierzu gehört beispielweise, dass Versicherte den Anspruch erhalten, notwendige Heilmittelbehandlungen bei Bedarf langfristig genehmigen zu lassen. Solche Behandlungen unterliegen dann nicht mehr den Wirtschaftlichkeitsprüfungen.

Verbessertes Entlassungsmanagement

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurde der am 3. August 2011 vom Kabinett beschlossene Regierungsentwurf noch in wesentlichen Punkten verändert oder ergänzt. Ein verbessertes Entlassungsmanagement soll dazu beitragen, dass der Übergang von der Krankenhausbehandlung in die Versorgung nach Krankenhausaufenthalt gut organisiert ist. Es wird die Pflicht des Leistungserbringers konkretisiert, bei einer Anschlussbehandlung des Patienten beim Facharzt für einen zeitnahen Behandlungstermin beim Facharzt Sorge zu tragen. Weiterhin sollen alle Krankenkassen eine Haushaltshilfe in bestimmten Fällen als verpflichtende Satzungsleistung gewähren, wenn Versicherte ihren Haushalt aus Krankheitsgründen nicht weiterführen können. Dies gilt unabhängig davon, ob eine ambulante oder stationäre Behandlung erfolgt. Weitere Änderungen betreffen die Verkürzung von Wartezeiten beim Übergang von der haus- zur fachärztlichen Versorgung und eine Erhöhung der Transparenz über die Ausgaben der Krankenkassen. Auch bei der Ableistung freiwilliger sozialer Dienste soll sich zukünftig die Familienmitversicherung verlängern. Mit der Neuregelung stellen wir die Gleichbehandlung aller gesetzlich geregelten Freiwilligendienste sicher.

Mehr Medizinstudenten

Gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition poche ich als Bildungspolitiker nun darauf, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen. Unser Ziel muss es sein, die Zahl der Studienplätze in der Humanmedizin dauerhaft zu erhöhen. Dazu müssen die Länder das Auswahlverfahren für die Zulassung zum Medizinstudium weiterentwickeln. Zur Förderung von Landärzten sollte über eine Vorabquote nachgedacht werden, wobei die Bedingung wäre, dass sich Studienbewerber freiwillig verpflichten, nach Abschluss ihrer Aus- und Weiterbildung für einen bestimmten Zeitraum in unterversorgten Gebieten ambulant tätig zu werden. Dabei müssten auch Lehrstühle für Allgemeinmedizin an allen Fakultäten geschaffen und allgemeinmedizinische Praxen in die ärztliche Ausbildung miteinbezogen werden. Letzteres gelte auch für den ambulanten Versorgungsbereich.
Letztendlich geht es vor allem auch darum, den ländlichen Raum attraktiv zu halten. Eine medizinische Unterversorgung wäre eine nicht hinnehmbarer Standortnachteil für die betroffenen Region und die Folgen für die dort lebenden Menschen nicht abschätzbar. Deshalb bestand für den Gesetzgeber hier dringender Handlungsbedarf. Wenn wir der „Landflucht“ entgegenwirken wollen, ist und bleibt eine verbesserte medizinische Versorgung eine unabdingbare Voraussetzung.