Euro-Rettung für die Zukunft Europas

Die Entwicklungen rund um den Euro haben die sitzungsfreie Zeit des Bundestages geprägt. Sondersitzungen standen deshalb schon vor dem regulären Ende der Sommerpause an. Für die Euro-Krise gibt es keine simple Lösung, aber für die christlich-liberale Koalition steht fest, dass die europäische Integration eine Errungenschaft ist, die wir in jedem Fall verteidigen wollen. Nicht nur historisch, sondern auch wirtschaftlich bedingt, liegt das im ureigensten Interesse Deutschlands, führen doch insgesamt 43 Prozent aller Exporte in die Eurozone.

Um eine Ausweitung der Schuldenkrise zu verhindern, haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone im Juli beschlossen, den EFSF (= Europäische Finanzstabilisierungsfazilität), bekannter als Euro-Rettungsschirm, auszuweiten. Zum einen wurde das Ausleihvolumen auf 440 Milliarden Euro und der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht, zum andern erhält der EFSF neue Kompetenzen: Künftig kann er sowohl Anleihen kriselnder Euro-Staaten aufkaufen als auch schon vorsorglich eingreifen und einem angeschlagenen Land Kredite bereitstellen. Ehe dieser Rahmenvertrag in Kraft treten kann, müssen noch die nationalen Parlamente zustimmen. Dafür hat die Bundesregierung in den letzten Tagen die entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, Ende September stimmt der Bundestag darüber ab. Kontrovers diskutiert wird noch, ob und wie der Bundestag bei weiteren EFSF-Hilfsaktionen ein Mitspracherecht haben wird. Ich bin der Meinung, dass die Budget-Hoheit des Parlamentes nicht eingeschränkt werden sollte. Gleichzeitig ist es aber unmöglich, vor jeder Entscheidung alle 17 nationalen Parlamente einzubeziehen, wenn der Rettungsschirm handlungsfähig bleiben soll. Dementsprechend plädiere ich für ein Stufenmodell, bei dem die Zustimmungspflicht von der jeweiligen Bedeutung der Neuerung für den Haushalt abhängt. Bei diesem zu leistenden Balanceakt zwischen nationalen und europäischen Interessen wird die christlich-liberale Koalition einen tragfähigen Kompromiss finden. Ohnehin soll der EFSF Mitte 2013 durch den dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abgelöst werden, über dessen genaue Ausgestaltung derzeit noch beraten wird, wobei die christlich-liberale Koalition bemüht ist, deutsche Interessen im europäischen Kompromiss durchzusetzen.

EFSF und ESM sind jedoch beide nur für Rettungsmaßnahmen, die den Euro im Notfall stabilisieren und die Märkte beruhigen, angelegt, können aber die strukturellen Probleme nicht lösen. Dafür sind stärkere Präventivmaßnahmen nötig, worüber sich vor wenigen Wochen Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy verständigten. Dabei hat die Kanzlerin beispielsweise darauf gedrängt, dass Schuldenbremsen in alle nationalen Verfassungen aufgenommen und die Schulden, die oberhalb der zulässigen Grenze von maximal 60% des BIP liegen (Deutschland lag 2010 bei 76,6%.), zügig abgebaut werden müssen. Auch ein Eingriffsrecht der Europäischen Kommission in die Haushalts- und Wirtschafspolitik hoch verschuldeter Länder ist angedacht. Das alles sind effektive Maßnahmen, um mehr Budgetdisziplin sicherzustellen. Dennoch sollte man erwägen, ob weitreichendere Instrumente wie eine gemeinsame Wirtschaftsregierung nicht sinnvoll sind, um die Fiskal- und Wirtschaftspolitik der Euro-Zone kohärenter zu gestalten und so Schuldenkrisen einzelner Länder dauerhaft zu verhindern. Für die Sorgen der Bürger habe ich dabei viel Verständnis. Aber die Euro-Frage ist untrennbar verbunden mit der Frage nach der europäischen Zukunft. Wollen wir den Zusammenhalt Europas nicht gefährden, müssen wir den Euro retten!