Brief aus Berlin – 17/2011

Auch diese Sitzungswoche war reichlich turbulent wegen der Entwicklungen rund um den Euro und des am Wochenende anstehenden Euro-Gipfels. Im Plenum wird das Thema aber erst nächste Woche wieder eine große Rolle spielen, so dass ich Ihnen dann die neuesten Fakten in meinem Brief aus Berlin mitteilen werde.

  1. Frühkindliche Bildung sichert Chancengleichheit
  2. Hochschulbedingungen deutlich besser als erwartet
  3. Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  4. Wechsel im Berliner Büro
  5. Hinter den Kulissen: Was ist die fette Henne?

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1. Frühkindliche Bildung sichert Chancengleichheit
Am Montag fand ein Kongress der CDU/CSU-Fraktion unter dem Motto „Gerechte Chancen für alle – Erfolgsrezepte für die Bildungsrepublik“ statt. Dort diskutierten Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik miteinander über den Ausbau frühkindlicher Bildung sowie über die demografischen Herausforderungen in der Bildungspolitik. Die CDU/CSUFraktion setzt sich für einen größeren Stellenwert frühkindlicher Bildung ein. Kindergärten verstehen wir verstärkt auch als Bildungseinrichtungen. Denn nur mittels frühkindlicher Bildung kann es gelingen, den engen Zusammenhang zwischen familiärer Herkunft und Bildungserfolg eines Kindes aufzulösen. Nach meiner Überzeugung sind Investitionen in die frühkindliche Bildung nicht nur besonders gerecht für den Einzelnen, weil sie frühzeitig greifen und das Entstehen von Bildungslücken verhindern. Sie sind auch effektiver als alle späteren „Reparaturmaßnahmen“ in Schule oder Berufsausbildung. Für den Bund genießt das Thema deshalb hohe Priorität in der Finanzplanung. Das erwarten wir auch von den Ländern.

2. Hochschulbedingungen deutlich besser als erwartet
Am Donnerstag hielt ich als zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion eine Rede im Plenum zur aktuellen Situation an den deutschen Hochschulen. In diesem Semester hatten die Universitäten und Fachhochschulen wegen der doppelten Abiturjahrgänge in Bayern und Niedersachsen und der Aussetzung der Wehrpflicht einen großen Ansturm zu bewältigen. Doch dank langer Vorlaufzeiten und finanzieller Unterstützung durch den Bund waren die meisten Hochschulen auf diesen Ansturm sehr gut vorbereitet. Viele Rektoren äußerten sich zuversichtlich bis positiv, man habe genug Personal im Vorfeld eingestellt, teilweise waren die Chancen, einen Studienplatz zu bekommen, sogar besser als im Vorjahr. Auch erste Statistiken belegen, dass die Zulassungsbeschränkungen (Numerus Clausus) nicht eklatant gestiegen sind. Um in jedem Fall einen Studienplatz zu bekommen, haben sich viele Abiturienten bei zahlreichen Universitäten gleichzeitig beworben. Das führt dazu, dass am Ende zwar die allermeisten einen Studienplatz erhalten, aber im schlechten Fall darauf bis weit ins Semester hinein warten müssen. Dieses Problem wird ein bundesweites zentrales Vergabesystem spätestens zum nächsten Wintersemester lösen. Was für viele Erstsemester aktuell eine wirklich große Herausforderung ist, ist die Wohnungsnot in vielen Universitätsstädten. Hier kann der Bund aber nicht helfen, sondern die Kommunen sind gefragt.

3. Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
CDU und CSU setzen sich mit Nachdruck für die Familien in unserem Land ein. Gleich zu Beginn der Wahlperiode haben wir durch eine deutliche Erhöhung des Kindergeldes und der Kinderfreibeträge ihre finanzielle Situation gestärkt. Mit dem Ausbau der Kindertagesbetreuung unterstützen wir berufstätige Eltern. In dieser Woche hat der Deutsche Bundestag auf unsere Initiative mit der „Familienpflegezeit“ ein weiteres Gesetz zur Stärkung der Familie verabschiedet. Erwerbstätige sollen ohne große finanzielle Einbußen ihre Arbeitszeit verringern können, um ihre Angehörigen zu pflegen. Von dem Modell profitieren alle: die Pflegenden und ihre pflegebedürftigen Angehörigen sowie die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber – und zwar ohne durch Milliardenausgaben die Zukunft unserer Kinder zu belasten. Beschäftigte werden ihre Arbeitszeit maximal zwei Jahre bis zu 50 Prozent reduzieren können, wenn sie einen Angehörigen pflegen – bei einem Gehalt von 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Zum Ausgleich müssen sie später voll arbeiten, bekommen aber weiterhin nur 75 Prozent des Gehalts – so lange, bis das Zeitkonto ausgeglichen ist. Um die Risiken einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit gerade für kleinere und mittlere Unternehmen zu minimieren, muss jeder Beschäftigte in der Familienpflegezeit eine entsprechende Versicherung abschließen. Die Prämien sind gering. Damit durch die Lohnaufstockung für die Arbeitgeber keine Belastungen durch eine familienbewusste Arbeitsgestaltung entstehen, können sie zudem beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) ein zinsloses Darlehen im Umfang der Lohnaufstockung beantragen.

4. Wechsel im Berliner Büro
Meine wissenschaftliche Mitarbeiterin Diana Pitschel hat eine Stelle als forschungspolitische Referentin bei der Max-Planck-Gesellschaft in München angenommen. Deshalb verstärkt seit dem 1. Oktober Daniel Drescher mein Berliner Team. Herr Drescher ist vor allem für die Themenbereiche Bildung und Forschung zuständig. Sie erreichen ihn unter daniel.drescher@tankred-schipanski.de oder telefonisch unter 030-227 71330.

5. Hinter den Kulissen: Was ist die fette Henne?
Die „fette Henne“ trägt ihren Namen zu Recht: Stolze 2,5 Tonnen bringt sie auf die Waage. Und dennoch hängt sie scheinbar schwebend an der gläsernen Rückseite des Plenarsaals im Reichstagsgebäude.
Vielleicht haben Sie es schon erraten – bei der sogenannten „fetten Henne“ handelt es sich um nichts anderes als den Bundesadler, der hinter dem Bundestagspräsidenten das Plenum schmückt! Wäre er ein Vogel aus Fleisch und Blut, er würde wohl aufgrund seiner Leibesfülle niemals fliegen können. Doch dem Bildhauer Ludwig Gies, der den Adler für das Bonner Parlament einst entworfen hat, ging es damals auch um etwas ganz anderes: Kurz nach dem zweiten Weltkrieg, einem der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte, sollte der Bundesadler auf keinen Fall Aggressivität ausstrahlen. Aus diesem Grund erhielt er eine etwas rundliche, sich nach unten hin verdickende Körperform. Bei dem Umzug des Bundestags von Bonn nach Berlin beschlossen die Abgeordneten, an der liebgewonnenen „fetten Henne“ festzuhalten. Auch wenn Norman Foster, der Star-Architekt, der das Reichstagsgebäude umgestaltete und dem wir die gläserne Kuppel zu verdanken haben, den Adler am liebsten um einiges schlanker gestaltet hätte. Stattdessen hat man den heutigen Adler um ca. ein Drittel im Vergleich zum Ursprungsentwurf vergrößert, und Foster übernahm es, dessen Rückseite zu gestalten. Diese kann man dank der Glaswand, an der der Adler hängt, betrachten, und wer genau hinsieht, der entdeckt sogar Fosters Signatur.