Brief aus Berlin – 16/2011

Wie Ihnen hinlänglich aus den Medien bekannt sein wird, hat den Deutschen Bundestag in dieser Woche das Thema Euro besonders beschäftigt. Dies und weitere Themen erfahren Sie wie üblich von mir.
Ich wünsche Ihnen ein schönes verlängertes Wochenende. Dabei können wir am Montag, den 3. Oktober, voll Freude und Stolz auf 21 Jahre Deutsche Einheit zurückblicken.

  1. Abstimmung zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms
  2. Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtert
  3. Friedensteiner im Bundestag
  4. 50 Jahre erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit
  5. Praktikantin im Berliner Büro
  6. Hinter den Kulissen: Umzug von Bonn nach Berlin

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1. Abstimmung zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms
Am Donnerstage habe ich – wie meine sechs Thüringer Kollegen auch – für das „Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ gestimmt. Diese Entscheidung war eine Entscheidung für einen starken Euro und für ein geeintes Europa. Es ging dabei nicht um die Frage, ob Griechenland weitere finanzielle Hilfen bekommt oder ob der dauerhafte Stabilisierungsmechanismus (ESM) eingerichtet werden soll. Es ging ausschließlich darum, einen Schutz gegen das Übergreifen der Verschuldungskrise eines Eurolandes auf die Finanz- und Realwirtschaft der anderen Euroländer zu errichten. Die Ausweitung des Rettungsschirmes soll an den Finanzmärkten vor allem für mehr Vertrauen in den Euro sorgen. Aus diesen Gründen habe ich mit Ja gestimmt. Gleichzeitig bin ich aber der Meinung, dass dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, die zukünftige Schuldenkrisen gar nicht erst entstehen lassen. Dafür müssen letztlich wohl auch die Verträge der Europäischen Union angepasst werden.

2. Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtert
Zukünftig werden ausländische Berufsqualifikationen in Deutschland leichter und schneller anerkannt. Diesen richtungsweisenden Beschluss hat der Bundestag gestern mit dem Gesetz zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen gefasst. So erleichtern wir ausländischen Mitbürgern den Zugang zum Arbeitsmarkt massiv. Da Arbeit der Schlüssel zu einem selbstverantworteten Leben in der Mitte unserer Gesellschaft ist, sorgt das Gesetz auch für eine bessere Integration von Migranten. Außerdem wird so auch wirkungsvoll gegen den zunehmenden Fachkräftemangel vorgegangen.
Zukünftig ist für die Berufsanerkennung nicht mehr wichtig, wo man seinen Beruf erlernt hat. Entscheidend ist nur noch, dass die Qualität der Ausbildung dem deutschen Niveau entspricht. Damit schaffen wir hier endlich Gerechtigkeit, denn jeder Interessierte erhält mit dem Gesetz den Rechtsanspruch auf eine zeitnahe Prüfung seines im Ausland erworbenen Berufsabschlusses. Kleinere Abweichungen können durch Berufserfahrung ausgeglichen werden, bei größeren Differenzen zur deutschen Referenzqualifikation muss eine Weiterbildung absolviert werden. Damit bleibt die hohe Qualität deutscher Berufsabschlüsse in jedem Fall gewahrt.
Das Gesetz schließt allerdings nur die auf Bundesebene geregelten Berufe, wie Heilberufe, Rechtsanwälte und Handwerksmeister, sowie die etwa 350 nicht reglementierten Ausbildungsberufe ein. Deshalb sind die Bundesländer gefordert, auch für die Berufsgruppen in ihrem Zuständigkeitsbereich wie Lehrer, Erzieher und Ingenieure schnell eine vergleichbare Lösung zu finden.

3. Friedensteiner im Bundestag
Wie in jeder Sitzungswoche besuchte mich auch dieses Mal eine Gruppe aus der Heimat in Berlin. Matthias Kaiser, Presseoffizier der Bundeswehr in der Friedensteinkaserne Gotha, und zwei weitere Friedensteiner waren in Begleitung eines Austauschoffiziers aus Kenia in Berlin unterwegs. Ich traf die Gruppe am Mittwochnachmittag im Bundestag zu einer kleinen Gesprächsrunde. Hier diskutierten wir auch nochmals die Bedeutung der Friedensteinkaserne als Standort der Bundeswehr. Ich versprach erneut meinen Einsatz für den Erhalt.

4. 50 Jahre erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit
Im November 1961 wurde von der von Konrad Adenauer geführten Bundesregierung das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gegründet. Das nahmen wir zum Anlass, in dieser Woche in einer Debatte Bilanz über 50 Jahre Entwicklungszusammenarbeit zu ziehen. Gleichzeitig haben wir den Blick aber auch auf die zukünftigen Herausforderungen, denn die Entwicklungszusammenarbeit ist und bleibt ein wichtiger Teil unserer wertegeleiteten Außenpolitik. Er dient auch unseren eigenen Interessen, wenn es um Fragen der Weltbevölkerung, der Rohstoffsicherheit oder der Entwicklung ländlicher Räume in Entwicklungsländern geht. Angesichts der Hungerkatastrophe in Ostafrika ist gerade die Förderung der Landwirtschaft ein wichtiges Ziel der Entwicklungszusammenarbeit.
Seit die Union die Bundesregierung führt, hat der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kräftige Steigerungen erfahren. So wurde dieser Etat seit 2005 auf 6,33 Milliarden Euro erhöht und ist damit etwa um 60 Prozent gewachsen.

5. Praktikantin im Berliner Büro
Einen Monat lang unterstütze mich die Studentin Lena Mischau in meinem Berliner Büro. Ihre Erlebnisse lesen Sie hier:

„Vier Wochen lang durfte ich Herrn Schipanski und seine Mitarbeiter(innen) bei ihrer täglichen Arbeit im Bundestag begleiten, nun neigt sich mein Praktikum leider seinem Ende zu. Ich betone „leider“, denn während des vergangenen Monats habe ich Außergewöhnliches erlebt und gelernt.
Vom ersten Tag an wurde ich eng in die Arbeit des Teams eingebunden. Zu meinen Aufgaben zählte es beispielsweise selbstständig zu aktuellen Themen wie der europäischen Staatsschuldenkrise zu recherchieren und auf Grundlage dessen verschiedenste Schreiben und Texte zu verfassen. So half ich, Anfragen von Bürgern, Unternehmen und Vereinen aus Thüringen zu beantworten und auch an den Ihnen bestens vertrauten Briefen aus Berlin durfte ich mitwirken.
Daneben arbeitete ich mich hauptsächlich in die Bereiche Bildung und Forschung ein und sammelte Informationen zu der in- und ausländischen Hochschullandschaft und -politik. Gerade als Jurastudentin war es für mich natürlich besonders interessant, mich auch mit den diversen rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen, die sich in diesem Zusammenhang stellten. Neben der Tätigkeit im Büro hatte ich aber auch mehrfach Gelegenheit, Herrn Schipanski in den Ausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie in Projekt- und fraktionsinterne Arbeitsgruppen zu begleiten. Ich empfand es als unglaublich spannend, hautnah miterleben zu können, wie die Institutionen und Organe unseres Staates in der Praxis tatsächlich arbeiten und funktionieren. Natürlich ist es auch ein besonderes Erlebnis, Politiker wie Kanzlerin Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier oder Rainer Brüderle im Plenum live sprechen zu hören und die Reaktionen der Abgeordneten von der Mitarbeitertribüne aus direkt mit verfolgen zu können.
Darüber hinaus konnte ich im Rahmen des Praktikantenprogramms der Union an zwei Diskussionsrunden mit Verteidigungsminister Thomas de Maizière und dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagfraktion Volker Kauder teilnehmen, in deren Verlauf sich eine rege Debatte um hochbrisante Themen wie der Staatsschuldenkrise, der Aussetzung der Wehrpflicht oder dem Afghanistaneinsatz entsponnen hat. […]
Insgesamt war mein Praktikum im Büro von Herrn Schipanski eine wirklich außergewöhnliche Erfahrung und ich nehme von mit Sicherheit viel Wertvolles für meinen weiteren Weg mit.
Abschließend möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei Herrn Schipanski und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die mich so freundlich aufgenommen und meine Zeit im Bundestag zu etwas ganz Besonderem gemacht haben.“ (Den vollständigen Bericht von Frau Mischau lesen.)

6. Hinter den Kulissen: Umzug von Bonn nach Berlin
Im Jahr 1999 fand der wohl größte und bedeutendste Umzug, den es je gegeben hat, in Deutschland statt: Der Deutsche Bundestag verlegte seinen Sitz von Bonn nach Berlin. Zwar war Berlin bereits mit Eintreten des Einigungsvertrags 1990 offizielle Hauptstadt des vereinigten Deutschland geworden, doch erst 1991 beschloss der Deutsche Bundestag in einer relativ knappen Abstimmung mit 338 gegen 320 Stimmen: „Sitz des deutschen Bundestags ist Berlin.“
Nachdem das alte Reichstagsgebäude nach den Plänen des britischen Architekten Norman Foster grundlegend umgestaltet worden war, erfolgte im April 1999 die symbolische Schlüsselübergabe an den damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse. Am 5. Juli war es dann soweit und der Elefantenumzug konnte beginnen. Innerhalb eines Monats rollten 24 Züge mit Umzugsgut des Bundestages von Bonn nach Berlin – das entspricht in etwa 50.000 Kubikmeter! Darunter befanden sich ca. 36.000 Bücher sowie etwa 11.000 Meter Akten. Die Abgeordneten und ihre Mitarbeiter zogen zunächst in Übergangsquartiere in 16 verschiedenen Gebäuden ein. Am 1. September 1999 war bereits offizieller Arbeitsbeginn von Parlament und Regierung in Berlin, am 6. September nahm der Bundestag im umgebauten Reichstagsgebäude seine Arbeit auf und konnte dort pünktlich am 7. September sein 50-jähriges Bestehen feiern.