Brief aus Berlin – 18/2011

In dieser Woche hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine große Stärke bewiesen bei den Verhandlungen zum Euro und Griechenlands Schuldenkrise. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière stellte sein mit Spannung erwartetes Standortkonzept für die Bundeswehr vor, das Teil der großen Neuausrichtung der Bundeswehr ist.

  1. Bundeswehrreform: Harte Einschnitte
  2. Stabiles Fundament für den Euro
  3. Telekommunikation verbessert
  4. Anerkennung von Berufsabschlüssen steht auf dem Spiel
  5. Hinter den Kulissen: Was ist der Ältestenrat?

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1. Bundeswehrreform: Harte Einschnitte
Wie Sie den Medien entnommen haben werden, wird es nicht nur bundesweit, sondern auch im Landkreis Gotha einige Veränderungen geben. Der Truppenübungsplatz Ohrdruf wird aufgegeben, die Truppenstärke der Friedensteinkaserne wird etwa um ein Drittel reduziert. Das sind schmerzliche Einschnitte für die Region. Dennoch ist es alle Mal höchst erfreulich, dass der Standort Gotha erhalten bleibt und damit auch zukünftig starker Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber in der Region sein wird. So groß die Enttäuschung jetzt ist und so schwer die kommenden Veränderungen vor allem für die direkt Betroffenen wiegen, sind diese Maßnahmen doch notwendig, um die Neuausrichtung der Bundeswehr zu realisieren. Die Bundeswehr soll leistungsfähiger, moderner und effizienter werden. Ein Bestandteil (von vielen!) der großen Reform ist auch der Abbau von insgesamt 90.000 Dienstposten. Dazu muss wohl oder übel auch Thüringen einen Beitrag leisten. Insgesamt ist zu konstatieren, dass Thüringen im deutschlandweiten Vergleich bei der Bundeswehrreform nur unterdurchschnittlich betroffen ist. So gibt es nach der Reform bundesweit pro 1.000 Einwohner 2,4 Dienstposten – der Freistaat kommt immerhin auf 2,8. Damit ist die Präsenz in der Fläche weiter gewährleistet. Für eine Verwendung der in Ohrdruf frei werdende Fläche kursieren bereits viele Ideen. Deshalb werde ich mich Mitte November mit Landrat Konrad Gießmann und Bürgermeisterin Marion Hopf zusammensetzen und die ausloten, welche Varianten einer zivilen Nutzung für Ohrdruf die besten sind.

2. Stabiles Fundament für den Euro
Am Mittwoch hat sich der Bundestag mit breiter Mehrheit für die Ertüchtigung der Europäischen Stabilisierungsfazilität (EFSF) gestimmt. CDU/CSU, FDP, Grüne und SPD stimmten zu, dass der sogenannte Euro-Rettungsschirm mit Hilfe weiterer Instrumentarien so effizient wie möglich genutzt werden kann. In einer eindringlichen Rede erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Deutschland die historische Verpflichtung habe, das Einigungswerk Europas mit allen zur Verfügung stehenden und verantwortbaren Mitteln zu verteidigen und zu schützen. Im Anschluss erteilte der Bundestag der Kanzlerin mit der Zustimmung zu dem Entschließungsantrag ein Mandat für die Verhandlungen in Brüssel.
Dort haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Kanzlerin Merkel unterstrich, dass deutsche Anteil beim EFSF in Höhe von 211 Milliarden unter keinen Umständen erhöht wird. Dennoch soll die Schlagkraft des Rettungsschirms auf eine Billion Euro vergrößert werden. Das gelingt zum einen dadurch, dass die EFSF als Versicherung für die Staatsanleihen von bestimmten Euro-Länden zum Einsatz kommt. Zum anderen arbeiten die Euro-Länder an einem zweiten Modell zum Aufkauf von Staatsanleihen, in die auch Staatsfonds investieren können. Deren Beitrag wird aber erst nach weiteren Gesprächen in einigen Wochen feststehen. Für Griechenland wurde ein Schuldenschnitt von 50 Prozent vereinbart. Die Banken verzichten auf die Hälfte ihrer Forderungen an das hoch verschuldete Land (etwa 100 Milliarden Euro). Dabei ist das Ziel, den Schuldenstand auf 120 Prozent des BIP zu drücken. So hat Griechenland die Chance, den Haushalt wieder in den Griff zu bekommen. Um sich gegen die Folgen des Schuldenschnitts abzusichern, sollen die wichtigsten europäischen Banken ihre Risikorücklagen vergrößern. Diese sogenannte Kernkapitalquote soll bis Mitte nächsten Jahres auf neun Prozent erhöht werden. Italien und Spanien verpflichteten sich bei dem Gipfel außerdem zu zusätzlichen Sparprogrammen.

3. Telekommunikation verbessert
Am Donnerstag verabschiedete der Bundestag die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG), womit ich mich im Rahmen meiner Mitgliedschaft im Unterausschuss Neue Medien intensiv befasst hatte. Für Verbraucher bringt das TKG wichtige Verbesserungen mit sich. So soll beispielsweise die Wartezeit bei Service-Rufnummern und Hotlines im Laufe des nächsten Jahres kostenlos werden. Auch im Umgang mit Telefonanbietern gibt es Neuerungen: Will ein Kunde seinen Telefonanbieter wechseln, muss die Umschaltung innerhalb eines Kalendertages erfolgen können, bei einem Umzug kann der alte Vertrag zukünftig ohne neue Mindestlaufzeit mitgenommen werden. Außerdem sollen Telefon- und Internetkabel künftig einfacher verlegt werden, indem sie mit Gas- und Stromleitungen oder Bahntrassen kombiniert werden können. Dies wird besonders im Hinblick auf kleine und entlegene Gemeinden eine Verbesserung der Internetversorgung mit sich bringen. Allerdings bedarf dieses Gesetz der Zustimmung des Bundesrates, so dass zu hoffen ist, dass die Opposition die bereits angekündigte Blockadehaltung aufgibt, damit die Bürger schnellstmöglich von den Regelungen
profitieren können.

4. Anerkennung von Berufsabschlüssen steht auf dem Spiel
Bereits mehrfach habe ich Sie über den Missstand informiert, dass in Deutschland zu viele gut ausgebildete ausländische Mitbürger nicht in ihrem eigentlichen Beruf arbeiten können, weil ihre Qualifikation nicht anerkannt wird. Und das in Zeiten, in denen wir in manchen Branchen händeringend nach Fachkräften suchen. Um diese Schieflage aufzuheben, hat der Deutsche Bundestag jüngst ein Gesetz verabschiedet, das Ausländern unabhängig von ihrer Herkunft ein Recht auf eine zeitnahe Prüfung ihres im Ausland erworbenen Berufsabschlusses garantiert. Doch leider droht dieses Gesetz, das auch von den IHKs als richtungsweisend begrüßt wurde, nun vorerst zu scheitern – und das liegt auch an Thüringen. Denn Kultusminister Christoph Matschie hat im zuständigen Ausschuss im Bundesrat gegen das Gesetz gestimmt. Das begründet er mit der völlig überzogenen Forderung, jeder Antragsteller müsste einen Rechtsanspruch auf Beratung haben. Wenn wir das bewilligten, würden die Kosten explodieren – und das kann keiner ernstlich wollen. Am 4. November findet die alles entscheidende Sitzung des Bundesrat statt. Ich hoffe, dass sich die Landesregierung noch eines Besseren besinnt!

5. Hinter den Kulissen: Was ist der Ältestenrat?
Der Ältestenrat unterstützt den Bundestagspräsidenten bei seiner Arbeit und sorgt für einen koordinierten und möglichst reibungslosen Arbeitsablauf im Bundestag. Er legt beispielsweise auf längere Sicht die Termine für die Sitzungswochen fest und einigt sich dann über die Tagesordnung. Außerdem ist der Ältestenrat der Ort, an dem aufgetretene Streitigkeiten besprochen und geschlichtet werden. Doch der Name führt etwas in die Irre. In diesem wichtigen Gremium versammeln sich keineswegs nach dem Senioritätsprinzip die ältesten Parlamentarier, sondern besonders erfahrene. Neben dem Bundestagspräsidenten und seinen Stellvertretern gehören 23 Abgeordnete zum Ältestenrat.