Neuregelung der Grundsicherung

Ergebnisse des Vermittlungsauschusses

Newsletter Nr. 22, März 2011.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber vor einem Jahr aufgefordert, eine neue Bemessung der Grundsicherung vorzunehmen. Nach einem langen Verhandlungsmarathon zwischen Bundestag und Bundesrat ist ein Ergebnis zustande gekommen. Die wichtigsten Ergebnisse des Vermittlungsausschusses darf ich, basierend auf einem Brief unserer zuständigen Bundesministerin Ursula von der Leyen, darstellen. Hauptgewinner der Neuregelungen sind Kommunen und Kinder.

  1. Bildungspaket
  2. Entlastung der Kommunen bei Grundsicherung im Alter
  3. Entscheidungen zu den Regelsätzen
  4. Entscheidungen zum Mindestlohn
  5. Kommentar

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1. Bildungspaket
Mit dem Bildungspaket wird erstmals in der Sozialgeschichte gezielt in die Zukunftschancen unserer Kinder investiert. Das Bildungspaket leistet gezielte Förderung durch Sach- und Dienstleistungen. Dazu zählt das Schulbasispaket sowie Kostenübernahme für Ausflüge, Nachhilfe oder Zuschüsse für Vereinsangebote oder zum Mittagessen in Kitas, Schulen und Horten. Insgesamt werden fast 2,5 Millionen Kinder von Langzeitarbeitslosen sowie Kinderzuschlags- und Wohngeldempfängern von dem Bildungspaket profitieren.
Die Trägerschaft für das Bildungspaket geht auf die Kommunen über. Diese sind frei in der Durchführung. Das Gesamtvolumen des Paketes umfasst ca. 1,6 Milliarden Euro (ab 2014 noch 1,2 Milliarden) pro Jahr und wird über die Beteiligungsquote des Bundes an den „Kosten der Unterkunft“ im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende den Kommunen erstattet.

2. Entlastung der Kommunen bei Grundsicherung im Alter
Um zu einer Verbesserung der kommunalen Finanzsituation beizutragen, wird der Bund Sozialausgaben, die bisher von den Gemeinden getragen wurden, übernehmen. Der Bund wird die Kosten der Grundsicherung im Alter in drei Schritten bis schließlich 2014 auf Dauer komplett übernehmen. Dadurch werden die Kommunen von 2012 bis 2015 netto um 12 Milliarden Euro entlastet.

3. Entscheidungen zu den Regelsätzen
Rückwirkend steigt der Regelsatz zum 1. Januar 2011 um fünf Euro an. Der Regelsatz beträgt somit 364 Euro. Das Vermittlungsverfahren hat bestätigt, dass der Regelsatz transparent und richtig ermittelt worden ist. Dennoch wird ab 2012 der Regelsatz um weitere drei Euro erhöht. Neben der Existenzsicherung ist für Menschen im SGB II entscheidend, dass sie Arbeit angeboten bekommen und sich die Arbeitsaufnahme lohnt. Aufwandsentschädi-gungen für das Ehrenamt oder für Übungsleiter werden bis zu 175 Euro monatlich nicht angerechnet. Kosten für Warmwasseraufbereitung werden voraussichtlich im Rahmen der Kosten der Unterkunft oder als Mehrbedarf neben dem Regelsatz durch den Bund übernommen.

4. Entscheidungen zum Mindestlohn
Es soll eine absolute Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für Entleihzeiten und für verleihfreie Zeiten auf Antrag der Tarifvertragsparteien eingeführt werden. Der jeweilige Mindestlohn (7,60  Euro West, 6,65 Euro Ost) wird als Grenze festgesetzt. Der Grundsatz des „Equal-Pay“ gilt schon heute in der Zeitarbeitsbranche. Die Tarifvertragsparteien entscheiden einvernehmlich und frei darüber, ob sie abweichen wollen. Auch soll ein Mindestlohn im Wach- und Sicherheitsgewerbe ermöglicht werden.

5. Kommentar
Am Ende der Verhandlungen steht nun ein zukunftsweisendes Ergebnis, welches für den Bund einen unwahrscheinlich hohen finanziellen Aufwand bedeutet. Die Koalition hatte eine Kommunalfinanzreform geplant, zu der uns nach diesen enormen Zahlungen an die Kommunen die Handlungsmasse fehlen wird. Das Bildungspaket hätten wir gerne über die Schulen umgesetzt, jedoch verweigerten sich hierbei die Länder. Ein guter Kompromiss wäre die Umsetzung des Bildungspakets durch die Arbeitsagenturen gewesen, nur dies verhinderten die Sozialdemokraten.
Nunmehr obliegt die Umsetzung des Bildungspakets den Kommunen, was wohl einigen bürokratischen Aufwand erfordern wird. Dass die SPD geführten Bundesländer ferner sachfremde Themen wie Mindestlöhne, in den Vermittlungsausschuss hineinbrachten, entbehrt jeder Grundlage.
Unter diesem Blickwickel stellt sich die Frage, ob die in der Verfassung vorgegebene Vermittlung zwischen Bundesrat und Bundestag der Verfassungswirklichkeit noch entspricht. Es kann nicht sein, dass durch die Blockadehaltung im Bundesrat die politische Gestaltungsfreiheit des Bundestags faktisch ad absurdum geführt wird. Es bleibt in Berlin also weiter spannend!